Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Helga Michalsky Der Gewichtszuwachs der Parteiorganisation ist selbst das Ergebnis von Veränderungen im Verhältnis zwischen Bürgern und ihrer Partei. Die Parteien können sich heute ihrer Anhänger nicht mehr so sicher sein. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einmal sind die existenziellen Gründe für die tradi­ tionellen Parteibindungen praktisch entfallen. Die Bürger sind nicht nur materiell weitgehend unabhängig geworden von den Vorteilen einer Partei­ bindung, sie sind auch kritischer geworden gegenüber Autoritäten. Umgekehrt sind auch die Anforderungen an die Politik und damit auch an die Parteien gewachsen. Auf blinde Gefolgschaft ihrer Anhänger können sie nur noch sehr begrenzt bauen, und umgekehrt überschauen sie auch nicht mehr genau, mit welcher Politik sie Zustimmung in ihrer vermuteten Anhängerschaft finden. Alle diese Gründe sprechen dafür, den Kontakt zwischen Bürger und Partei zu institutionalisieren. Die organisatorischen Ebenen, auf denen diese Kontakte ablaufen, sind die Ortsgruppen bei beiden Parteien, der Landesvorstand bei der VU und der Landesausschuss bei der FBP. Vor allem Landesausschuss und Landes­ vorstand sind Gremien, die der Idee nach praktisch alle aktiven und ehemals aktiven Parteianhänger versammeln. Die Teilnahme an den nomi­ nell bei beiden Volksparteien ungefähr 120 Personen starken Gremien ist unterschiedlich. Es handelt sich um multifunktionale Gremien. Sie dienen der Integration eines wichtigen Teils der Anhängerschaft, indem diesen zu­ sätzliche aktuelle Informationen und parteiinterne Überlegungen und Vorhaben vorgetragen werden. Sie dienen der Rückmeldung, insofern die Anwesenden zu eigenen Stellungnahmen aufgefordert werden. So ein Gremium ist also einmal ein parteiinterner «Transmissionsriemen», zu­ gleich aber auch ein «Frühwarnsystem», das den Amtsträgern und Manda­ taren anzeigt, wie aktive Anhänger zu konkreten Problemen stehen und wie sie die Reaktion «vor Ort» einschätzen. In Ausschüssen zu verschiede­ nen Sachbereichen sollen die Parteianhänger aktiv mitarbeiten. Ob aber damit wirklich eine grössere Responsivität der Parteien erreicht wird, darf bezweifelt werden. Die Bürger sind an Politik im allgemeinen eher mässig interessiert. Sie sind auch nicht geübt in der politischen Diskus­ sion, und in zahlreichen Gesprächen wurde mir gesagt, dass man sich oft aus verschiedenen Rücksichten zu einem Thema oder auch zu einem bestimmten Vorgehen nicht offen äussern kann oder will. Damit ist natür­ lich die Rückmeldung von unten nicht gewährleistet. Andererseits sind die Parteiführungen teilweise noch stark an eine eher einbahnige Kommunika­ tion gewöhnt. Unverkennbar dominieren in den erweiterten Parteistruktu­ ren die Führungspersönlichkeiten. '272
	        

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