Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Helga Micbalsky für die Parteien eine besondere Situation. Vereinfacht können wir sagen, dass aufgrund der Existenz von zwei Souveränen die Einflussmöglichkeiten der liechtensteinischen Parteien grundsätzlich an der Souveränität des Fürsten ihre Grenze finden. Doch nicht nur die Rechte des Fürsten stehen einer möglichen Allmacht der Parteien entgegen. Auch der Souverän Volk ist nicht ausschliesslich auf die repräsentative Demokratie verwiesen, in welcher die Parteien ihr wich­ tigstes, wenn auch nicht ausschliessliches Tätigkeitsfeld haben. Die direkten Mitwirkungsrechte des Volkes sind Konkurrenz, Korrektur und Damo­ klesschwert für die repräsentative Demokratie. Dass wir es hier mit einem Konkurrenzverhältnis von Machtträgern zu tun haben, konnte man an einigen Argumenten zum Staatsvertragsreferen­ dum im letzten Jahr (1989) beobachten. Gegen das Staatsvertragsreferen­ dum sprach in den Augen eines Teils seiner Gegner u. a. auch, dass darin ein Misstrauen gegen das Parlament zum Ausdruck komme, dass dieses einen Teil seiner Kompetenzen verliere, dass es an Bedeutung im politi­ schen System einbüsse - und das in einem Augenblick, da es durch die Erhöhung der Abgeordnetenzahl eben erst aufgewertet worden sei. Nun kann man zum Staatsvertragsreferendum stehen, wie man will, aber es ist evident, dass eine Ausdehnung direkter Volksrechte den Bereich der Letzt­ entscheidung durch das Parlament, jedenfalls so weit die Entscheidung auf Seiten des Souveräns Volk zu treffen ist, einschränkt. Da der Fürst, damals noch Erbprinz und Stellvertreter seines Vaters, seine Sympathie für ausge­ dehntere direkte Mitwirkungsrechte des Volkes nicht verhehlte, stand eine weitergehende Frage unausgesprochen im Räume: ob die Verschiebung zwischen direkter und repräsentativer Demokratie auch zu einer Gewichtsverschiebung zwischen den beiden Souveränen führen könne. Könnte der Monarch gestärkt werden, wenn sich das Gewicht zwischen dem monarchischen, dem oligokratischen und dem demokratischen Machtträger zuungunsten des oligokratischen, wie Riklin1 die Institutionen der repräsentativen Demokratie unkonventionell, aber sehr plastisch bezeichnet hat, verschöbe? Die Diskussion zum ausgewogenen Gleichgewicht der Verfassungsor­ gane in der liechtensteinischen Verfassung erhellt ein grundsätzliches Pro­ blem, das für die Parteien in allen referendumsfähigen Bereichen schon heute aktuell ist. 1 Riklin, Alois, Liechtensteins politische Ordnung als Mischverfassung, in: Eröffnung des Liechtenstein-Instituts, Kleine Schriften 11, Vaduz 1987, 20-37, 21. 260
	        

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