Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Arno Waschkukn Verfahrensweisen kennen. In einer UNITAR-Studie, einer global ausge­ richteten Untersuchung vom «United Nations Institute for Training and Research» zum Status und den Problemen kleiner politischer Einheiten und Territorien, wird nämlich in bezug auf den hohen Bekanntheitsgrad der Eliten untereinander eine besondere Anfälligkeit für Korruption sowie ein grösseres Gewicht politischer Feindschaft aufgewiesen, was vielfach mit einem hohen Effektivitätsverlust des politischen Entscheidungsprozesses verbunden sei.26 Es gilt dies offensichtlich weniger für Systeme mit funktio­ nierenden konkordanzdemokratischen Institutionen, wenngleich die Kon­ kordanz ebenfalls zu bestimmten Defiziten neigt, die vor allem in einer generellen Innovationsschwäche und in der Schwerfälligkeit und Langwie­ rigkeit der politischen Entscheidungsprozesse liegen.27 Doch kommen wir zurück zu den besonderen Ausprägungen kleiner sozialer Systeme, die mit sozialpartnerschaftlichen Verhaltensweisen und der damit verbundenen Bindungskraft gute Erfahrungen gemacht haben und sie daher für konstitutiv erachten. Diese Organisationsformen und Konfliktregelungsmuster müssen tradiert oder in einem Lernprozess gewachsen sein, sie sind also nicht einfach umstandslos anzuwenden oder sozialtechnologisch anzuempfehlen. Sie sind kein universelles Rezept, son­ dern eine Möglichkeit, mit den Strukturbedingungen der Kleinheit und den interdependenten Verknüpfungen im Innern umzugehen und der Mängel­ ausgangslage in möglichst produktiver Weise zu begegnen.28 Es geht also um Selbststabilisierung angesichts von Kleinheit und Inter- dependenz. Die binnenstrukturellen Erfordernisse führen zur Konfliktprä­ vention, insofern unnötige Polarisierungen für das einzelne Mitglied und das betreffende Handlungssystem ansonsten mit «hohen Kosten» (im so­ zialen Sinne) verbunden wären: einerseits würden die «guten persönlichen Beziehungen» empfindlich tangiert werden, andererseits könnte eine wach­ sende Desintegration die unerwünschte Folge für das System sein.29 Kleine soziale Systeme setzen daher als «integrativen Kitt» ein hohes Mass an Kompromissbereitschaft und affektiver Selbstdisziplin voraus, um hinläng­ lich störungsfrei funktionieren zu können, da nahezu «alles mit allem» bzw. «jeder mit jedem» zusammenhängt und interagiert. 26 Vgl. Rapoport, siehe auch Darsow, 177. 27 Siehe Luthardt, Rüegg. 28 Vgl. Lehmbruch, Waschkuhn, Konsens. 29 Geser, 222. 26
	        

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