Entstehung der Parteien Die Männer um das Volksblatt verhielten sich widersprüchlich. Sie erklär ten Gemeinsamkeit zum Ziel, aber der Grund dieser Forderung war das Misstrauen gegenüber dem politischen Gegner. Ihre Position war trotz den Übereinstimmungen in den Sachpunkten die einer konservativen, antide mokratischen Partei, die gegen eine Bedrohung ankämpfte, die sich erst in Umrissen abzeichnete. Natürlich warben sie damit um die Stimmen derje nigen, die die Zielsetzungen Becks ablehnten oder denen sie unheimlich waren. Dieses Konzept schloss jedoch die Möglichkeit einer Überwindung der parteipolitischen Spaltung aus. Wenn man von Parteien spricht, so denkt man aus moderner Sicht nicht nur an ein Programm, sondern auch an eine Parteiorganisation. Charakteri stisch für die Entstehung der Parteien in Liechtenstein ist indessen, dass for male Parteistrukturen überhaupt nicht geschaffen wurden. Es gab ein Netz persönlicher Beziehungen, und es gab ein paar Männer, die in diesem Netz die Fäden zogen. Die Anhänger wurden durch persönliche Kontakte gewonnen und wurden gegebenenfalls ihrerseits Werber für ihre Richtung. Mit dem Ergebnis der ersten direkten Landtagswahl konnte die Volks partei zufrieden sein. Von den Kandidaten, die auf ihrer Liste (im Ober land) standen, kamen fünf im ersten Wahlgang in den Landtag. Von der Liste der Gegenseite wurden drei Kandidaten gewählt. Obwohl zwei der Gewählten auf beiden Listen standen (Josef Gassner und Dr. Wilhelm Beck), war dies ein klarer Wahlsieg der Volkspartei im Oberland. Insgesamt veränderten sich die Mehrheitsverhältnisse nur um eine Stimme. Die Volkspartei erhielt fünf Mandate gegenüber vier im alten Landtag. Im Gesamtbild des Landtags trat das Gewicht der Volkspartei nach Wählerstimmen nicht deutlich in Erscheinung. Die Ernennung von Dr. Albert Schädler zum Abgeordneten durch den Fürsten erübrigte schliesslich sogar den Wechsel im Präsidentenamt. Dennoch signalisierte das Wahlergebnis, dass hinter der Oppositionspartei die Mehrheit der Bevölkerung im Oberland stand. b) Die Bedeutung der liechtensteinischen «Revolution» fiir die Vollendung des Zwei-Parteien-Systems Im Herbst 1918 zeichnete sich das Ende des Krieges ab; die habsburgische Monarchie war zerfallen, das verbliebene Deutsch-Österreich war besiegt, und Liechtenstein hatte allen Grund, besorgt in die Zukunft zu schauen. Wenige Tage, bevor der Landtag zu seiner ersten Sitzung zusammentrat, 249