Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Liechtensteinische Rechtsordnung und EMRK V. Kapitel: Zusammenfassung 1. Der Begriff der «Rechte und Pflichten der Landesangehörigen» stammt aus dem deutschen Frühkonstitutionalismus und wurde in die liechten­ steinischen Verfassungen von 1862 und 1921 übernommen. 2. 1921 wurde, nach österreichischem Vorbild, der positivistisch beladene Begriff der verfassungsmässig gewährleisteten Rechte hinzugefügt. Es gibt die Rechte (und Pflichten) der Landesangehörigen, weil und soweit und solange sie verfassungsmässig gewährleistet sind. 3. Die verfassungsmässig gewährleisteten Rechte der Landesangehörigen zerfallen in staatsbürgerliche und in politische Rechte. Während die poli­ tischen Rechte 1921, angelehnt an die Schweiz und anknüpfend an die eigene vorabsolutistische demokratische Tradition, stark ausgebaut und 1984 mit der Einführung des Frauenstimmrechts auf alle grossjährigen Landesangehörigen ausgedehnt wurden, blieben die staatsbürgerlichen Rechte der Landesangehörigen als Grundrechte gewissermassen schwach. Gewisse verfassungsmässig gewährleistete Rechte stehen auch juristischen Personen, Wählergruppen und Gemeinden zu. 4. Das 1921 eingeführte Legalitätsprinzip für alle Verwaltungsakte und die Schaffung der Verwaltungsgerichtsbarkeit haben den formellen Rechts­ staat vollendet. Damit sind alle staatlichen Handlungen gerichtlich abge­ sichert. Sie stützen sich auf eine Rechtsordnung, die als Verfassung, Gesetze und Verordnungen eine gestufte Einheit bildet und deren nor­ mative Ordnung einer Kontrolle durch den Staatsgerichtshof unterliegt. Liechtenstein hat 1921 nach der Tschechoslowakei (1920) und Oster­ reich (1920) das als österreichisches System benannte Modell der verfas­ sungsgerichtlichen Normenkontrolle übernommen. 5. Im Grundrechteschutz ist Liechtenstein 1921 und durch das Gesetz über den Staatsgerichtshof 1925 über alle Vorbilder hinausgegangen. Es hat eine Lösung gefunden, die dem in seinen verfassungsmässig gewährlei­ steten Rechten Betroffenen das Recht der Individualbeschwerde an das Verfassungsgericht (Staatsgerichtshof) gegen oberstgerichtliche Ent­ scheide der Zivil-, Straf- und Verwaltungsgerichte, d. h. gegen alle ober- instanzlichen Akte einräumt. Dieses liechtensteinische Modell der indivi­ duellen Verfassungsbeschwerde für jedermann gegen höchstgerichtliche und sonstige Endentscheidungen hat der Sache nach auch in Verfassun­ gen anderer Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg Eingang gefunden. Der Typus der Grundrechts-Individualbeschwerde ist dank der EMRK, 173
	        

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