Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Gerard Batliner Bericht hat im ganzen Aufbau alle Attribute eines Urteils, doch handelt es sich lediglich um eine Stellungnahme (opinion, avis) zu Händen des Ministerkomitees. Wenn die Kommission oder der beteiligte Staat hernach den Fall nicht binnen drei Monaten an den Gerichtshof weiterzieht, entscheidet das Ministerkomitee endgültig (Art. 32). Das Ministerkomitee ist ein nichtjudi- zielles Organ und entscheidet durch Beschluss und ohne Begründung des Beschlusses. Die Beschlüsse des Ministerkomitees bilden daher auch nicht Bestandteil der Spruchpraxis der Strassburger Organe. Im Beschluss sind bei Feststellung einer Verletzung die vom betreffenden Staat durchzufüh­ renden Massnahmen (Entschädigung etc.) festzuhalten. Der Staat ist ver­ pflichtet, jede Entscheidung des Ministerkomitees für sich als bindend an­ zuerkennen (Art. 32 Abs. 4 EMRK). Wird der Fall an den Gerichtshof weitergezogen (Art. 32 Abs. 1, 48 EMRK, entscheidet dieser nach öffentlicher Verhandlung und umfassender Prüfung des Sachverhaltes und der Rechtsfragen durch begründetes, öffentlich verkündetes Urteil. Die Urteile werden in englischer und französischer Sprache erlassen. Abgegebene Minderheitsmeinungen wer­ den mitveröffentlicht. Das Urteil des Gerichtshofes ist endgültig. Im Urteil wird festgestellt, ob Bestimmungen der Konvention und gegebenenfalls welche Bestimmungen verletzt sind. Der Gerichtshof ist nicht kompetent, innerstaatliche hoheitliche Akte aufzuheben, zu ändern oder nichtig zu erklären. Ein konventionswidriger Verwaltungsakt wird nach liechten­ steinischem Recht, auch wenn er verwaltungsgerichtlich gedeckt ist, in der Regel innerstaatlich aufgehoben oder korrigiert werden können. Ist die Konventionsverietzung direkt durch ein Gesetz verursacht, wird der Gesetzgeber nicht umhinkommen, das Gesetz zu ändern. Ist die Konven­ tionswidrigkeit z. B. durch ein nationales Strafgerichtsurteil herbeigeführt worden, erlaubt die Feststellung der Verletzung für sich genommen noch nicht, das innerstaatliche Verfahren wieder aufzunehmen, sofern nicht die gesetzlichen Voraussetzungen zur Wiederaufnahme nach der liechten­ steinischen Strafprozessordnung gegeben sind (§§ 271 ff. StPO). Wenn im Falle der Verletzung von Konventionsbestimmungen die innerstaat­ lichen Gesetze eines Staates dem Beschwerdeführer nur eine unvoll­ kommene Wiedergutmachung zuteil werden lassen, billigt der Gerichtshof auf Antrag der verletzten Partei eine gerechte Entschädigung zu, die der Staat zu erbringen hat. In allen Fällen sind die beteiligten Staaten verpflichtet, sich nach den Entscheidungen des Gerichtshofes zu richten. 166
	        

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