Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Strukturbedingungen des Kleinstaates lung der schweizerischen Gerichtsbarkeit überlassen bleiben/ Des weiteren gelangen aufgrund des Zollvertrages zahlreiche schweizerische Erlasse in Liechtenstein zur Anwendung, die dem Referendum entzogen sind. Dieser Bereich ist somit den direktdemokratischen Volksrechten in Liechtenstein materiell und faktisch verschlossen.5 Ferner kann auch der Inhalt der von Liechtenstein aufgrund des Zollvertrages (und der weiteren Verträge und Abkommen) übernommenen Schweizer Vorschriften vom Staatsgerichts­ hof nicht an der liechtensteinischen Verfassung gemessen, d. h. auf ihre Verfassungsmässigkeit hin überprüft werden. Aber bei diesen Autonomieverlusten durch Anbindung handelt es sich im wesentlichen um politische Entscheidungen, die als struktursparende Strategien der selektiven Optimierung in allgemeiner Sicht auf Kostenmin­ derung und darüber hinaus auch auf innovative Nischenausnutzung zielen. Jedes System muss nämlich eine bestimmte Kombination von Umweltof­ fenheit und innerer Geschlossenheit herstellen, um einerseits international Wettbewerbs- 
und kollektiv lernfahig zu sein, was als Anpassungsflexibilität bezeichnet werden kann, und um andererseits die gesamtgesellschaftliche Stabilität angesichts existentieller Unsicherheit und asymmetrischer Inter- dependenz zu befestigen, was als Konsistenzerfordemis zu begreifen ist. Letzteres kann im Innern durch die Institutionalisierung von Verhand­ lungsformen und Ausgleichsmechanismen im Sinne der Sozialpartner­ schaft oder eines «demokratischen Korporatismus» erreicht und durch die Mobilisierung von Vermitdungs- und Konsensualisierungsprozessen wir­ kungsvoll unterstützt werden. Die daraus erwachsende politische Stabilität muss ebenfalls als ein wichtiger Standortvorteil des erfolgreichen Kleinstaa­ tes angesehen werden, während als struktureller Nachteil die extreme Weltmarkt- und Auslandsabhängigkeit bleibt, die noch dadurch verstärkt wird, dass wirtschaftlich expandierende Kleinstaaten in wachsendem Masse von Akteuren durchdrungen werden, die ihnen nicht angehören.' Abgesehen davon, dass «Kleinheit» keine absolute, sondern eine kom­ parative Grösse ist, der «Kleinstaat» weder in der politischen Praxis noch in der Literatur allgemeinverbindlich definiert werden konnte und es wohl auch darauf ankommt, was man aus den jeweiligen Gegebenheiten kleiner 4 Kleine-Hartlage, 117. 5 Ritter, 6. ' Dieses autonomie- und identitätsbedrohende Interpenetrationsproblem im Spannungs­ feld von Interdependenz und Dependenz bedürfte einmal einer empirisch informierten wie systemtheoretisch angeleiteten Untersuchung. 17
	        

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