Volltext: Liechtenstein: Kleinheit und Interdependenz

Gerard Batliner son» (2. Querfeld)59 oder durch ein Auffanggrundrecht, etwa vergleichbar dem in der Schweiz aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Willkürverbot?60 Kennt Liechtenstein ein Auffanggrundrecht? Der Staatsgerichtshof hat das Gleichheitsgebot (11. Querfeld) relativ eng interpretiert. 1982 hat er die Erstreckung der politischen Rechte auf die Frauen, welche unter Berufung auf das Gleichheitsgebot verlangt worden war, abgelehnt.61 1989 ist der Staatsgerichtshof nicht darauf eingegangen, die Frauen in der Frage der Bei­ behaltung des Gemeindebürgerrechts gleich zu behandeln wie Männer.62 Wenn nämlich eine Liechtensteinerin einen Liechtensteiner einer anderen Gemeinde heiratet, verliert sie das bisherige Gemeindebürgerrecht und erwirbt von Gesetzes wegen dasjenige des Mannes. Im übrigen verweise ich Sie auf die Lektüre der 2. Spalte der Synopsis. Es ist ein beachtliches Tableau von Rechten. Die EMRK dagegen gewährt nur einen europäischen Mindeststandard an Grundrechten, doch auf recht wirksame Weise. Die Unterschiede zeigen sich wohl erst bei einem Text­ vergleich, wie wir noch sehen werden. Als Anhang zum 9. Querfeld finden Sie eine imposante Aufstellung an politischen liechtensteinischen Rechten. Auf Seiten der EMRK steht nur das Wörtchen «Wahlfreiheit». Doch sicherte dieses eine Wort der EMRK den Männern und den Frauen das Wahlrecht. Ansonsten ist, Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre, plötz­ lich eine dynamische Betriebsamkeit in der Praxis des Staatsgerichtshofes festzustellen, zurückzuführen auf die Hereinnahme der EMRK 1982. Aber auch in rein «liechtensteinischen» Bereichen wird die frühere Zurück­ haltung verlassen. Die verfassungsmässig gewährleisteten Rechte werden ausgedehnt. So sei zwar «das Initiativrecht der Bürger in Gemeindeangele­ genheiten nicht speziell gewährleistet», das Stimmrecht gemäss Art. llObis der Verfassung beinhalte jedoch «auch das Recht, auf Gemeindeebene Initiativbegehren zu unterzeichnen und über zustandegekommene Initia­ tivbegehren abzustimmen, soweit die Gesetzgebung (!) das Initiativbegeh­ ren in Gemeindeangelegenheiten vorsieht» (1985).63 Auch das Recht des 59 Wie z. B. in der Schweiz; vgl. Müller/Müller II, 1. 60 Müller/Müller II, 12. 61 Urteil StGH 1982/1-25 vom 28.4.1982 LES 1983, 69. 62 Urteil StGH 1988/16 vom 28.4.1989, LES 1989, 115. 63 Urteil StGH 1984/2/V (Kunsthaus) vom 15.2.1985 LES 1985, 75; Stotter, Die Verfas­ sung, 168 Ziff. 3; bereits schon Urteil StGH 1981/1 vom 28.8.1981 betr. Helikopterlande- platz Balzers (unveröffentlicht). 122
	        

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