Jahr Pause in der Nutzproduktion eingeräumt wurde. Seit dem Beginn der Industrialisie-
rung ist die Vielfalt wieder im Schwinden begriffen. In der jüngsten Vergangenheit
schlägt sich die gestiegene Anspruchsvielfalt an den Boden in Form von grossflächigen
Siedlungs-, Industrie- und Infrastrukturräumen nieder. Zusammen mit einer intensi-
vierten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung bewirkt dieser Wandel einen Verlust von
Naturabläufen sowie vor allem eine Auftrennung einst zusammenhängender naturnaher
Räume zu eigentlichen Inseln in der Landschaft. Zahlreiche einheimische Pflanzen-
und Tierarten sind in starkem Rückgang begriffen oder gar von Ausrottung bedroht, weil
ihre Lebensräume geschmälert oder vernichtet werden. Selbst der fruchtbare Feldhase ist
zunehmend bedroht. Viele einst typische Lebensräume sind, verglichen mit dem
Zustand des 19. Jahrhunderts, nur noch in Restbeständen im Ausmass von wenigen Pro-
zenten vertreten. Die Folgen derartiger dramatischer Verluste sind in ihrer Gesamtheit
noch zu wenig bekannt und untersucht. Wir wissen nicht, welche Risiken der Ausfall
einzelner Arten oder Artengruppen im Naturhaushalt in sich birgt. Das Aussterben jeder
Art stellt vorerst einmal einen Verlust an genetischer Information dar, die ja in Langzeit-
räumen der Entwicklung aufgebaut wurde. Es geht so ihr allfälliger Nutzwert wie auch
ihre Eigenart verloren, bevor sie ausreichend bekannt sind. Im Zweifelsfall «für die
Erhaltung» müsste demnach die Devise heissen. So gesehen, erübrigt sich auch die Dis-
kussion, ob mit dem Verschwinden von Arten das Ausfallen wichtiger regulierender Pro-
zesse zu befürchten ist oder ob naturnahe Bereiche für «Nützlinge» aus-menschlicher
Sicht als Lebensräume zu erhalten sind. Unabhängig von einer nur menschenbezoge-
gen Betrachtung muss für die freilebende Tier- und Pflanzenwelt als Teil unserer
Umwelt aus ethischen Gründen ein Daseinsrecht gefordert werden. Dieser Grundsatz ist
zwar unbestritten und in vielen Gesetzesaufträgen bestätigt. Dessen Vollzug ist aber
durch die gesetzten Fakten im «grauen» Alltag so ungeheuer schwierig. Insbesondere
fällt auch auf, dass viele Nutzer für das Bauen und Bebauen Flächen anmelden, wäh-
rend die Interessen des Naturschutzes, die auch Flächen benötigen, durch den Rost
fallen.
Wieviel Natur braucht unsere Landschaft? Zur Erhaltung von Arten in ihren
Lebensräumen sind Kenntnisse der Lebensraumansprüche unentbehrlich. Angaben zu
Mindestflächen sowie zu überbrückbaren Distanzen zwischen den Lebensräumen liegen
derzeit in noch wenig ausreichender Form vor. Diese wären aber als Entscheidungs-
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