Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1981) (7)

Rabenkrähe — weit besser als ihr Ruf? Zu den wenigen Vogelarten, denen in Liechtenstein keinerlei Schutz oder Schonzeit eingeräumt wird, gehören Rabenkrähe, Elster und Eichelhäher. Dass diese Arten «schädlich» sind, gehört zur allgemeinen Erkenntnis und sie werden denn auch in Liechtenstein jährlich abgeschossen. Das Klischee «schädlich - nützlich» Auch nicht wenige Vogelfreunde scheinen teils aus überkommenem «Nutzen-Schaden-Denken», teils emotional bestimmt, die Vogelwelt in «bessere» und «weniger wertvolle» Arten einzuteilen, zu denen zweifellos auch die Rabenkrähe ge- hört. Es gab aber immer.auch schon Ornitho- logen und Naturschützer, die vor einseitigen Urteilen warnten. Mit der Verbesserung des ökologischen Grundlagenwissens war es an der Zeit, sich auch mit den «Verfemten» ver- mehrt zu beschäftigen, die erstaunlicherwei- se grossräumlich alle Verfolgungen immer 
wieder überstanden. In den 1970er Jahren sind denn auch verschiedene Publikationen erschienen, die das schlechte Image der Ra- benkrähe zu zerpflücken beginnen. Insbe- sondere Dr. Jochen Wittenberg, Braun- schweig, hat' seit 1961 die Populationsstruk- tur und deren Dynamik in Norddeutschland 
Seite 8 Konsum März 1981 Fortsetzung von Seite 7 Die Nahrungsmittelindustrie rechnet, dass bis Ende dieses Jahrhunderts fast jedes Lebens- mittel um eine weitere Stufe ver- bzw. bear- beitet werden könne. Am Beispiel Kaffee möchte ich es beweisen: Aus den Kaffeebohen wurde vor Jahren der Instantkaffee produziert, was zeitsparend und somit modern war. Dann redete man uns das gefriergetrocknete Kaffeepulver ein, weil da- mit das Aroma besser erhalten bliebe. Inzwi- schen gibt es das Ganze gekörnt, denn nur so sei's gut dosierbar. Meist sind die raffinierten, denaturierten Produkte nicht veredelt, son- dern vereselt. Stark verarbeitete Lebensmittel werden vom Körper zu rasch verdaut. Ich glaube, dass dies eins der Probleme unserer übergewichtigen Generation ist. Einige der weniger bekannten Konsequenzen beim zu hohen Zuckerkonsum möchte ich hier erwäh- nen: Der Industriezucker gelangt schnell in die Blutbahn. Der gesteigerte Blutzuckerspie- gel führt zu hoher Insulinausscheidung, was den Zucker rasch abbaut. Schon haben wir wieder <Gluscht> nach Süssem; deshalb macht Zucker <süchtig>. Im weissen Zucker sind die ursprünglich vorhandenen Vitamine, Fermen- te, Mineralien und Spurenelemente, die zum Abbau notwendig sind, nicht mehr enthalten. Dadurch, dass wir das Getreide auf dem Um- weg über den Tiermagen konsumieren, ma- chen wir den Hunger und die Ungerechtigkeit auf der Welt nicht geringer. Eine Huhn-Kalo- rie z. B. kostet 12 Getreidekalorien. In den USA werden von 1000 kg Getreide nur 70 kg direkt gegessen und 930 kg ans Vieh verfüt- tert. Bei uns herrschen ähnliche Verhältnisse. Bei der Weidehaltung werden hingegen nur soviel Tiere versorgt, wie der vorhandenen Bodenfläche entsprechen. Überschüsse, die mit staatlicher Hilfe erst wieder gesteuert werden müssten, werden gar nicht produziert. Der Instinkt, welcher früher die wahren Ess- bedürfnisse der Menschen steuerte, ist uns abhanden gekommen. Vermehrt auf unseren Körper zu horchen, wäre gut für uns. Wir müssen wissen, was unser Körper für seinen Aufbau und Betrieb wirklich braucht und was wir — in Relation zum täglichen Verbrauch - zur Hebung der Lebensfreude hin und wieder geniessen können. Vom Äusseren eines Le- bensmittels dürfen wir uns nicht so sehr beein- drucken lassen. Grösse, Farbe und Aufma- chung eines Produktes sagen noch nichts über dessen Gehalt an Lebens- und Vitalstoffen. Die chemische Industrie rechnet mit einer Verdoppelung ihrer Umsätze alle 8 bis 10 Jahre! Wir müssen einfach weniger <Kosme- tik> essen, weniger Farbstoffe, weniger Halt- barmacher, möglichst keine Biozide. 
Stichwort Konsum Unser Konsumverhalten schafft grosse Sach- zwänge! Noch vor 40 Jahren ernährten wir uns in Europa hauptsächlich von pflanzlicher Nahrung, die infolge geringerer Be- und Ver- arbeitung vollwertig war. Inzwischen besteht mehr als ein Drittel unserer Ernährung aus tierischen Kalorien (früher galt als wohlha- bend, wer ein oder zwei Mal Fleisch pro Wo- che ass) und aus raffinierten Kohlehydraten. Kein Wunder also, wenn wir immer mehr Medizin brauchen, um das gerühmte höhere Lebensalter zu erlangen. Wenn wir glauben, wir machten das alles, weil wir es selbst so wollten, irren wir uns ziemlich. Denn wir lassen uns gewaltig manipulieren. Die Computer rechnen aus, was der gesättigte Markt noch aufnehmen kann, wir sind also ferngesteuert. 
Psychologen sagen, dass Einkaufen einem Er- folgserlebnis gleichkomme. Mit dem Besitz- erlangen schaffen wir uns eine Ersatzbefriedi- gung. Die dabei entstehende Leere wird mit immer mehr Haben-wollen angefüllt. Wir kaufen uns alles, organisieren unsere Einsam- keit und sind somit eine Gesellschaft mit be- schränkter Hoffnung und beschränkter Haf- tung. Das weiss die Werbebranche geschickt zu nutzen. Sogar das Kind wird zum Konsum- Motor, wenn es z. B. im Fernsehen ermutigt wird; seine Eltern solange zu bestürmen, bis es besagte Süssigkeit erhält. Beruhigende, grüne, einsame Natur mit Zigarettenpäck- chen im Vordergrund suggeriert uns Gesund- heit. Autos, vor einsamen Berglandschaften oder idyllischen Flussufern dargestellt, ver- sprechen uns Ruhe, die aber doch kaum zu finden sein wird, wenn immer mehr Wagen in diese Natur unterwegs sind. Wir können uns dem aber widersetzen, wenn wir uns bewusst werden, dass die heutige Wa- renproduktion nicht mehr von Angebot und Nachfrage geregelt wird. 
Wir können versu- chen, den täglichen Bedarf neu zu entdecken. Es gibt schon immer mehr Konsumenten, die — wie Diogenes — über den Markt gehen und sich wundern, dass es so viele Dinge gibt, die sie überhaupt nicht brauchen. Zum Schluss möchte ich Anne-Marie Holen- stein von der «Erklärung von Bem» zitieren: «.. . und wenn Ihr die Wahl habt, boykot- tiert was 1. 
nicht gut ist für jene, die produzieren 2. 
nicht gut ist für die Umwelt 3. 
nicht gut ist für uns selbst.» Wenn uns Vorgesagtes einsichtig wird, wer- den wir auch bereit sein, einige Unbequem- lichkeiten auf uns zu nehmen und die ganz- heitliche Arbeit von Bauern unterstützen, welche naturnah und verantwortungsbewusst produzieren. 
H. H.
	        

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