Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1981) (7)

Seite 6 Landwirtschaft März 1981 Ernährung, Landwirtschaft und unsere Möglichkeiten der Einflussnahme Im vergangenen November 1980 fand in Triesen unter engagierten Konsumenten eine Diskussion über «Ernährung - Landwirtschaft und die Möglichkeiten der Einflussnahme des Konsumenten» statt. Der Abend war erstaunlich gut be- sucht, und es wurde rege diskutiert. Mit Helga Hausmann, Vaduz, meldet sich eine der Teilnehmerinnen dieses Abends zu Wort. Sie will mit den folgenden Aus- sagen versuchen, die wesentlichsten an- gesprochenen Themen dieses Abends zu- sammenzufassen. Wir sind in den letzten Monaten ja über die Allgegenwart der Chemie in unserer Nahrung informiert worden, geschockt mit Hormonen im Kalbfleisch, Antibiotika in italienischen Stichwort Umwelt Landwirtschaft kann nicht allein nach Ge- sichtspunkten der Rationalität betrieben wer- den, wie es heutzutage immer mehr der Fall ist. Es geht dabei nämlich auch um Erhaltung der Lebensgrundlagen und der Landschafts- pflege. Es muss versucht werden, vermehrt die ökologischen Zusammenhänge zu berück- sichtigen. Wenn auch in den Einkaufszentren die Jah- reszeiten durcheinander geraten, so dürfen wir uns nicht verführen lassen, z. B. in dieser Jahreszeit Trauben, Spargel oder frische Blu- men zu kaufen. Exotische Gemüse und Früchte müssen wir schon deshalb eher mei- den, weil inzwischen bekannt ist, dass das gefährliche und in Europa längst. 
verbotene DDT in der Dritten Welt noch fleissig 'ge- braucht wird. Energie, Verpackung und Transportkosten werden zudem gespart, wenn wir einheimische Pflanzen und Saison- gemüse bevorzugen. Nach einem Super- 
von Helga Hausmann Fischstäbchen, Blei in Fischkonserven, Nitrate im Trinkwasser, hierzu kommen die «Dauerbrenner» Insektizide, Herbizi- de, Fungizide, Cadmium in Gemüse und Obst, DDT noch immer in der Mutter- milch. Lauthals entrüsteten sich die Kon- sumenten. Tragen wir als Konsumenten, also wir alle, aber 
nicht, auch Mitverant wortung an diesen Zuständen? Der Bau- er wurde von den Konsumentenvertre- tern und den Grossverteilern in den letz- ten Jahrzehnten unter einen extremen Kostendruck gesetzt. Die heutigen, oft mit Recht angeprangerten Produktions- methoden und schliesslich die letzten Auswüchse, sind eine Folge der Billig- preispolitik, die auch durch ein nicht markt-Einkauf füllen wir den Kehrichtkübel zu schnell mit der anfallenden Verpackung. Einiges liesse sich sparen, wenn wir stets die eigene Einkaufstasche mitnehmen, den Ver- käufer darauf hinweisen, dass wir Eingepack- tes nicht nochmals eingehüllt haben wollen und Mehrweg-Verpackungen bevorzugen. Irgendwie muss es uns gelingen, von der jetzi- gen Durchlauf- und Verschwendungswirt- schaft zu einer umweltfreundlicheren Kreis- laufwirtsthaft zu gelangen. Ich schlage vor, wieder vermehrt von Produzenten der Umge- bung einzukaufen, Tausch unter Nachbarn zu versuchen und vielleicht auch Gemeinschafts- Einkaufsgruppen zu bilden. Stichwort Materialismus In seinem letzten grossen Werk «Haben oder Sein» sagt der erst kürzlich verstorbene Psy- choanalytiker Erich Fromm, dass der Mensch unseres Industrie- und Betonzeitalters sich durch Habsucht auszeichne. Darin liegt m. E. tatsächlich unser grösstes Problem!! Wir wer- 
mehr durchschaubares Subventionsdik- kicht kaum mehr gut zu machen sind. Die Hatz nach den Schuldigen darf einen der Mitverantwortlichen nicht vergessen, den Konsumenten. Er muss bereit sein, für seine Nahrungsmittel den Preis zu zah- len, den eine naturnähere Produktion in Mitteleuropa kostet, oder den Preis, der eine ethische Tierhaltung verlangt; er muss von vielen superästhetischen An- sprüchen auf Reinweiss und noch Schö- neres Abstand nehmen.. Auf diesen Um- stand weist Helga Hausmann mit Recht hin und plädiert u. a. für neue, persönli- che Verbindungen zwischen Produzen- ten, Händlern und dem Konsumenten. (Redaktion) den alle auf Leistung und Erfolg getrimmt. Will nicht fast jeder bei immer mehr Ver- dienst immer. weniger arbeiten? Verkaufen wir uns nicht alle so teuer wie möglich am Arbeitsplatz? Und versuchen wir nicht im- mer, so wenig wie möglich für ein Produkt zu zahlen?   Deshalb dürfen wir der Landwirtschaft nicht die alleinige Schuld am Ausbeuten der Natur und dem z. T. rücksichtslosen Gewinnstreben geben. Auch auf den Landwirtschaftsschulen wird nur gelehrt, wie man aus einer Aktivität die bestmöglichste Rendite zieht. Die Über- macht an Insekten, Schnecken, Mäusen, Un- kräutern und Viren entsteht durch ein gestör- tes Gleichgewicht Sie entstand durch den - von uns allen — verursachten Zwang, mittels Rationalisierung in der Bodenbewirtschaf- tung die Erträge immer wieder zu steigern. Mancher Bauer pflanzt im hausnahen Gärt- chen sein eigenes Gemüse giftarm, oder hält für seine Küche ein naturgerecht gefüttertes Schlachtvieh. Früher produzierte der Land- wirt für einen überschaubare; Abnehmer- kreis. Heute ist leider alles anonym! Wenn ich meine Handelspartner nicht kenne, kann ich leicht nur an die eigenen Interessen denken; hat hingegen mein Kunde ein «Gesicht», übernehme ich auch für ihn die Verantwor- tung. Die Anonymität zwischen den Handelspart- nern abzubauen, erscheint mir ein wichtiger Faktor. Wenn wir die Geheimnistuerei zwi- schen Produzenten, Verarbeitern, Händlern und Konsumenten überwinden, können wir gemeinsame Ziele und Wege erarbeiten, die uns allen dienen. In dem Zusammenhang werden wir unbedingt zu neuen Preis- und Wertvorstellungen kommen müssen. Stichwort Information Besonders uns Frauen sollte bewusst sein, dass jeder Haushalt ein kleines Unternehmen mit einer wichtigen Rolle im Wirtschaftsleben ist. Jeder «Unternehmer», also jede Haus-
	        

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