Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1980) (6)

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Landwirtschaft 
Oktober 1980 den von Hecken und Feldgehölzen, die Planierung von Unebenheiten und anderes mehr. «Rote Listen» bedrohter Tier- und Pflanzenarten 
Es fehlt der Kuh die nötige Streicheleinheit Je höher der Traktor- oder Erntezugsessel, je abstrakter das Verhältnis zum Boden, ja selbst zum Lebewesen im Stall. Früher hatte Stiere und Kühe werden zunehmend rabiat, weil die Liebe zum Tier im modern geführten Stall fehlt. jedes Rindvieh seinen liebevoll ausgewählten Namen, bekam ein gerüttelt Mass an Strei- cheleinheiten, heute stellt der Unfallinstituts- dienst der österr. Sozialversicherungsanstalt der Bauern fest, dass Kühe und Stiere zuneh- mend rabiat werden, dies weil die Liebe zum Tier im modern geführten Stall fehlt, ebenso steigen die Tierarztkosten, oder je intensiver die Düngung des Futters, umso mehr Frucht- barkeitsstörungen bei Kühen. Sicco Mans- holt, der frühere Gestalter der EG-Agrarpoli- tik sagte einmal in späteren Jahren sehr spitz:.   «Chemische Mittel und Kunstdünger züchten dumme Bauern». Aller Anfang liegt beim Boden, dieser muss gesund sein, dann werden auch die Pflanzen, die auf ihm wachsen, gesund. Von den Pflan- zen hängen wiederum die Tiere ab. Wer die Geheimnisse und Zusammenhänge des Bo- dens und seiner Fruchtbarkeit lüften will, sieht bald ein, wie unerhört schwer das ist. Jedes Gramm fruchtbaren Bodens enthält mehrere Milliarden Bakterien und viele wei- tere grössere und kleinere Kleinlebewesen, wobei alles von allem abhängt, zusammen- hängt. Die Menschen sind mit diesem Boden umgegangen, als ob er nur eine monetäre Einheit, aber nicht voll von Leben ist. Mit dem Wachsen der Möglichkeiten wurde auch die Eindringtiefe in dieses System erhöht, an Zusammenhängen genagt, durch unglaubli- che Einseitigkeit von der Maissteppe bis zur Massentierhaltung vom Prinzip der natürli- chen Vielseitigkeit abgewichen. Nicht ohne Schaden, wie wir inzwischen wissen. Gesucht: eine neue Strategie der Nutzung des ländlichen Bodens Ist der Schaden noch reparabel? Können die Weichen anders gestellt werden? Theoretisch sicher, praktisch aber durch viele Mechanis- 
men gelähmt, wie beispielsweise die EG- Agrarpolitik zeigt, wo 70 % der gesamten EG-Ausgaben für Landwirtschaftssubventio- nen, das sind ca. 30 Mrd. Mark, ausgegeben werden. So u. a. 40 % davon für die Subven- tionierung der Milchschwemme, z. B. für die Lagerhaltung von über 500 000 Tonnen But- ter im ewigen Eis, was zugleich hunderte Mil- lionen kostet, oder zur Stützung von Butter- verkäufen in Ostländer für Fr. 1,80 statt Fr. 11,60 pro kg. Im Kleinen geht es uns gleich; es werden Drainagen für Millionen von Franken subventioniert, wo der Boden soeben erst durch schwere Traktoren verdichtet wurde. Unsere Kühe müssen Spitzenwerte bei ihren Milchleistungen erbringen, sonst werden sie sogenannt ausgemerzt. Der konventionelle Landbau wird ob seiner möglichen langfristigen Folgeschäden auch von Kreisen der Landwirtschaft selbst kriti- scher betrachtet. Nicht mehr jedem Bauern ist es beispielsweise im Südtirol ganz geheuer, wenn er jährlich über 20 mal zur Giftspritze greift, um seine Obstkulturen zu schützen. Es regt sich allerorten Widerstand, ob des schlechteren Geschmackes, dem geringeren biologischen Wert, der kürzeren Haltbarkeit: der Konsument erwacht in der Schweiz, in der BRD, in Österreich oder in Frankreich, wo die «biologischen Läden» in Paris zur Zeit einen Boom erleben. Förderung einer ökologisch orientierten Landwirtschaft Der «Biolandwirt» verliert allmählich seinen Aussenseiterstatus. Die natürlichen Landbau- methoden sind salonfähig geworden. Sie sind Immer grösser, immer schöner — aber auch immer fader, weniger haltbar . Glied weltweiter Diskussionen um eine zu- künftige neue Technologie. Biologischer Landbau ist so nur ein Glied, ein Mosaikstein, der Teil grösserer ganzheitlicher Betrach- tungsweise. Mit der Pflege einer Artenviel- falt, mit der Förderung der biologischen Schädlingsbekämpfung und mit der Verwirk- lichung des Gedankens des Recyclings in der Produktion könnte eine Tendenzwende in der Umweltkrise erreicht werden. Mit dem Zusammenspannen der Produzenten und der Konsumenten hier in diesem Garten ist auch für Liechtenstein ein umweltfreundlicher kleiner Schritt getan. Ihre Anwesenheit und ihre aktive Mitarbeit gibt zur Hoffnung An- lass, dass der schon länger vorhandene Keim nun kräftig auswachsen und im Lände Fuss fassen wird.
	        

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