Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1998) (38)

Das Schlagwort oder gar der Ruf nach dem Stadtstaat Liechtenstein ist sicher allen schon einmal zu Ohren gekommen. Es stellt sich dazu automatisch die Frage, ob wir einen Stadtstaat mit 100'000 oder mehr Einwohnern überhaupt wollen. Wollen wir die Zukunft Liechtensteins selber gestalten oder einfach den Trend verfol- gen? Ebenfalls wäre zu beantworten, ob in einem ländlichen Raum wie Liechtenstein ein Stadtstaat überhaupt entstehen kann oder ob nicht die Voraussetzungen für eine Stadt im eigentlichen Sinne fehlen. Es ist unbestritten, dass sich Liechtenstein seit etwa einem halben Jahrhundert in einem Umbruch befindet. Die wirtschaftliche Entwick- lung führte vom Agrarstaat zum Industrie- und Dienstleistungsstaat. Mit dem wirtschaftlichen Umbruch und der beispiellosen Entwicklung des Wohlstandes ging der gesellschaftliche Wan- del einher. Traditionelle Werte der Gesellschaft, des gesellschaftlichen Lebens, der dörflichen Gemeinschaft, des Landschafts- und Lebens- raumes Liechtenstein änderten sich, verschwan- den, andere entstehen. Unsere Dörfer verstädtern. 
Der Begriff "Stadt" verkörpert Urbanität, Verdichtung, Geschlossenheit, Nähe und Dichte von Kultur, Gesellschaft und urbanem Leben. Eine Fortsetzung des bisherigen Bautrends und Ausfüllung der Bauzonen bis zur Einwohnerzahl von 100'000 und mehr Ein- wohnern ändert am Fehlen dieser urbanen Wurzeln und Voraussetzungen nichts. Eine Streusiedlung mit ein paar Hochhäusern begründet noch keine Stadt. Es würde vielmehr ein amorpher Haufen von Bauten entstehen, der ohne urbane Attraktivitäten, ohne tatsächlich funktionierenden öffentlichen Verkehr, ohne echte städtische Dichte und Infrastrukturen im wahrsten Sinn lebensunfreundlich wäre. Ein "Stadtstaat Liechtenstein" würde auch mit raumplanerischen und politisch eingreifenden Massnahmen und einer gesellschaftspolitischen Neuausrichtung lediglich eine Anhäufung von Wohn- und Arbeitsplätzen bleiben. Dieser "Stadtstaat" würde weder neue urbane Quali- täten aufweisen, noch die dörflichen Qualitäten behalten können. Wir brauchen eine gestaltete Weiterent- wicklung unserer (ehemaligen) Dörfer mit mög- lichst hohem Wohn- und Lebenswert. Was wir sicher nicht brauchen und nicht wollen, ist die weitere zunehmend anonymer werdende Verstädterung in einem gesichts- und gestaltlosen Umfeld. Für jede räumliche Ordnung aber brauchen wir auf Gemeindeebene wie auf der Ebene des Staates und der Region ein raumpla- nerisches Instrumentarium. 
Bauten und Verkehr, Parkplatzsuche und Luftverschmutzung sind städtische Elemente im ländlichen Raum. Macht dies aber schon eine Stadt aus, wenn die Entwicklung ungelenkt so weiterlaufen würde? Mit Sicherheit nicht. Stadtstaat Liechtenstein Eine Streusiedlung mit ein paar Hochhäusern begründet noch keine Stadt.
	        

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