Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1990) (27)

Liecht. Umweltbericht, Mai 1990 
Seite 17 Verhängnisvolle Zuchtformen Die Raupen des Kleinen Schillerfalters und des Grossen Eisfalters ernähren sich u. a. vom Laub der Zitterpappel. Die Falter legen ihre Eier aber auch auf die eingeführte, häufig  gepflanzte Kanadische Hybridpappel. Da de- ren Blätter dicker sind als jene der Zitterpap- pel, können die frischgeschlüpften Raupen diese nicht fresen und gehen zugrunde. Bestimmter Nektar wirkt tödlich für Bienen und Hummeln. Dieses Phänomen ist beson- ders ausgeprägt bei der Silberlinde (Tilia to- mentosa), die bei uns nicht heimisch ist. Ver- schiedene Substanzen, die im Nektar der Sil- berlinde enthalten sind, wirken so stark, dass die abgesonderte Nektarmenge von nur zwei Blüten eine Hummel in wenigen Stunden tö- tet. In einigen Gegenden Deutschlands fan- den sich unter den blühenden Kronen der Silber- und Krimlinden regelrechte Friedhöfe von Dutzenden, ja sogar Hunderten von Hummeln, Bienen und vielen anderen nektar- suchenden Insekten. Ähnliche Falleneffekte und direkte Schädi- gungen einheimischer Tiere infolge Anpflan- zung zuvieler Exoten dürften noch viel häufi- ger sein als bis anhin bekannt. Man muss sich  also fragen, warum bei der Auswahl der Gar- tenpflanzen den Zuchtformen häufig Vorrang gegeben wird. Vor allem sollen Sträucher de- korativ sein. Dann wünscht man sich solche Sträucher nebeneinander, die in farbenfrohes und ansprechendes Aussehen haben und da- mit einen gewissen Repräsentationseffekt er- zielen. Nicht zuletzt lässt sich an Wildsträu- chern nicht soviel verdienen. Auch bei gewissen Ziersträuchern werden Pflanzenteile genutzt (Blüten und Blätter von Schmetterlingsstrauch, Flieder und anderen Ziersträuchern; Früchte von Feuerdorn und Felsenmispelarten). Im Vergleich zu Wild- sträuchern aber sind die meisten Ziersträu- cher als Nahrungslieferanten unbedeutend. Dies um so mehr, wenn die Pflanzen un- fruchtbar sind oder die Früchte in unserem Klima nicht ausreifen. Doch häufig sind auch ausreifende Früchte von Ziersträuchern für die Tierwelt ohne Nutzen und dienen nicht als Nahrung (etwa Schneeball-Zierformen oder Mahonie). Fazit: Weil Ziersträucher nicht an unsere Kli- mabedingungen angepasst sind oder, speziell angepasste Tierarten fehlen, stellen sie in den meisten Fällen eine schlechtere, oft gar keine Nahrungsgrundlage für einheimische Tierar- ten dar. 
Räuber-Beute-Beziehungen ausgehend von Wildsträuchern Räuber-Beute-Beziehungen, die an Wild- sträuchern ihren Ausgang nehmen, sind aus- serordentlich zahlreich, verwoben und kom- plex. Alle sich von den verschiedenen Teilen bestimmter Pflanzen (Holz, Saft, Blatt, Blüte, Frucht) ernährende Insekten sind Beuteob- jekte andere Tierarten. Zuweilen liegen sogar sehr spezielle Anpassungen vor. Besonders Parasiten sind normalerweise auf einige weni- ge Arten angewiesen, in denen sie selbst oder ihre Arten leben. Im Einzelfall kommt es sogar zu Hyperparasitismus (Parasiten parasi- tieren in Parasiten). Insgesamt gesehen bauen sich Nahrungsketten unterschiedlicher Länge auf. Je mehr Zwischenstufen existieren. desto komplexer werden sie, um so öfter gibt es Verzweigungen, die sogar zu vorherigen Glie- dern zurückführen können. Endkonsumenten sind dann insektenfressende und wirbelfres- sende Vögel und Säugetiere. 
Literatur Carter, D. J. und Hargreaves, B.: Raupen und Schmetterlinge Europas und ihre Futter- pflanzen. Paul Parey Hamburg, Berlin 1987. Mitteilungsblatt der Gemeinde Schwerzen- bach: Warum sollen nur einheimische und standortgerechte Pflanzen verwendet wer- den? 1987. Mitteilungsblatt des WWF: Futterpflanzen von Schmetterlingen. Neue Zürcher Zeitung Nr. 91 1987: Wozu ist mein Garten gut?. Schiess, H.: Gartenbau und Tierwelt. In: Der Gartenbau Nr. 9, 1990. Schweizerischer Bund für Naturschutz: Tag- falter und ihre Lebensräume. Basel 1987. Wildermuth, H.: Biologie. Lehrmittelverlag des Kantons Zürich 1989 Witt, R.: Ökologische Funktion einheimi- scher Gartensträucher. In: Unterricht Biolo- gie Nr. 79, 1983.  
	        

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