Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1989) (26)

Liecht. Umweltbericht, Dezember 1989 
Seite 5 ter Waldränder, Belassung unbehandelter Raine) zu erreichen. In dieser Studie wird u. a. konkret angeregt, den Waldsaum massiv aufzuwerten (über den Zustand der sechziger Jahre hinaus), indem auf drei Vierteln der gesamten Waldrandlänge ein ca. 10 m breiter, abgestufter Waldrand und ein 5 m daran an- schliessender Krautsaum vorrangig der Erhal- tung und Bereitstellung von Biotopen dienen sollen. Ein bescheidener Teil der verloren- gegangenen bunten Blumenwiesen kann überdies entlang der Waldränder mit südöstli- cher bis südwestlicher Exposition durch einen inskünftig ungedüngten Wiesenstreifen von 30 Metern zurückgewonnen werden. Es ist Abnahme des Feldobstbaues in Liechten- stein 1936-1985 (aus: M.E Broggi, Land- schaftswandel. 1988) 
dies ein geeigneter Ansatzpunkt, da hier zum   Teil noch Reste von Magerwiesenelementen auftreten, die sich als Restitutionskerne nach der Extensivierung erweisen könnten. Mit einem derartigen Programm lassen sich im- merhin rund 9800 ha Wiesen (1,5% der land- wirtschaftlichen Nutzfläche) trocken-magerer Ausprägung gewinnen. Bestandeserhaltung und Bereitstellung zu- sätzlicher naturnaher Flächen erfordern nach den dargelegten Überlegungen eine Fläche von knapp 149 000 ha, was einem Anteil von gut 12,1% an der gesamten Mittellandfläche entspricht. Gegenüber dem Bestand bedeutet dies eine Zunahme um 82%. In der bereits stark ausgeräumten Agrarlandschaft des Mit- tellandes dagegen muss bei einem postulier- ten Wert von 11,4% und dem tatsächlichen Bestand von 3,5% eine Verdreifachung der naturnahen Flächen erreicht werden. 
  Umsetzungsstrategien des Naturschutzes in der Agrarlandschaft Die Verwirklichung der dargelegten Natur- schutzanliegen in der Agrarlandschaft kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten wahrgenommen werden. Nach' dem Prinzip der 
Vernetzung spielen sich Naturschutz und Produktion auf je eigenen, aber, räumlich eng miteinander verflochtenen Flächen ab, wäh- rend beim Prinzip der 
Segregation 
Natur- schutz- und Produktionsflächen räumlich klar getrennt sind. Eine besondere Form der Ver- netzung ist das Prinzip der 
Kombination (na- turverträglichere Produktion auf 100% der Agrarfläche). Als tragendes Prinzip für den Naturschutz scheidet die Kombination aus. Die Erhaltung schützenswerter Arten bedingt nämlich so tiefe Schwellenwerte der Intensi- tät, dass beim Prinzip der Kombination ent- weder die Zielsetzungen des Naturschutzes nicht erfüllt oder die ernährungspolitischen Rahmenbedingungen nicht eingehalten wer- den können. Dagegen kann die Kombination einen Beitrag zum Abbau 
längerfristig nicht tragbarer Hyperintensivierungen leisten. Bei allen Naturschutzstrategien kann ein wirksa- mer Artenschutz niemals um das Element der Segregation herumkommen, obwohl das Kon- zept der räumlichen Integration emotionell ansprechender sein mag. Zudem ist die Segre- gation gerne dem Verdacht ausgesetzt, sie schreibe die Natur auf einem hohen Prozent- satz der Fläche ab und betreibe auf der Rest- fläche musealen Naturschutz. Die in der Regel knappe, dem Naturschutz zur Verfügung stehende Fläche muss mög- 
lichst optimal eingesetzt werden. Je nach Na- turschutzziel und landschaftlicher Vorgabe müssen unterschiedliche Prioritäten gesetzt werden, wobei im konkrekten Falle auch Mi- schmodelle denkbar sind. In Gebieten, wo flächige, naturnahe Biotope tatsächlich noch vorhanden sind, muss der Schwerpunkt des Handelns zweifellos auf der Sicherung-  und Vergrösserung dieser Biotope liegen. Im Falle weitgehend ausgeräumter Agrarlandschaften ohne 'hervorstechende Naturwerte ist es durchaus sinnvoll, über die Erhöhung des Strukturreichtums und die Vernetzung für Pflanzen und Tiere insgesamt bessere Lebens- bedingungen zu schaffen. Die Landschaft des Mittellandes braucht mindestens 12 naturnahe Flächen In der vorliegenden Arbeit wird für das Mit- telland ein Bedarf an naturnahen Flächen im Ausmass von 12 % ermittelt. Bei durchaus anderer methodischer Annäherung an die Zielwerte des Flächenbedarfs für die Auswei- sung von Schutzgebieten und den Aufbau eines Biotopverbundes werden für die Bun- desrepublik Deutschland ähnliche Anteile ge- nannt. Damit ist die Grössenordnung des Be- darfes an naturnahen Räumen und Strukturen in landwirtschaftlichen Gunstlagen erhärtet. Es wäre nun allerdings wenig sinnvoll einen Biotopverbund «einheitlicher» Ausrichtung vom Boden- bis zum Genfersee zu postulie- ren. Hierfür sind die biogeographischen Rah- menbedingungen und die bisherige traditio- nelle Nutzung in den einzelnen Regionen zu unterschiedlich. Deren Berücksichtigung und der Grundsatz der «Grossflächigkeit» spre- chen für die Bezeichnung von Biotop- und Artenschutz — Schwerpunktregionen, in wel- chen die jeweiligen quantitativen und quali- tativen Erfordernisse bestmöglichst erfüllt sind. Die Formulierung konkreter Prozent-Grös- ßenordnungen ist trotz mangelnder Kenntnis- se über die Lebensraumansprüche der einzel- nen Arten als legitim und sinnvoll zu erach- ten. Wenn, wie im Mittelland, zwischen dem effektiven Bestand an schützenswerten Le- bensräumen und dem angestrebten Soll-Zu- stand eine so klare Diskrepanz besteht, dann ist mit der dargelegten Vision zumindest nichts Falsches getan. Die vorliegende Arbeit versucht eine Antwort auf die Frage zu geben: «Wieviel naturnahe Fläche braucht die Landschaft?» Die notwen-
	        

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