Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1989) (26)

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Liecht. Umweltbericht, Dezember 1989 gen für die einzelnen Biotoptypen wurden deshalb gesichtet und gewichtet. Diese um- fangreiche Literaturauswertung belegt die Be- deutung der Kriterien «Grossflächigkeit» und «Strukturreichtum» für den Naturschutz. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich je- doch nicht darauf, den Stand der Forschung nachzuzeichnen. 
Gestützt auf die dadurch ge- wonnenen Erkenntnisse wird der Versuch un- ternommen, qualitative wie quantitative Aus- sagen für einen integralen Biotopschutz zu formulieren. Im Vordergrund der Betrachtungen  stehen die landwirtschaftlichen Gunst- lagen des schweizerischen Mittellandes. Derzeitiger Bestand an naturnahen Flächen und Strukturen (Ist-Bestand) Die Ermittlung des Bestandes an naturnahen Flächen und Strukturen stützt sich auf die Auswertung bestehender Inventare, Schät- zungen von Experten und Hochrechnungen von repräsentativen, regionalen Daten. Alle Aussagen beziehen sich auf das Mittelland, wo am meisten Nutzungskonflikte auftreten und entsprechend die grössten Verluste zu verzeichnen sind, Der Bestand naturnaher Flächen in der Kul- turlandschaft des Mittellandes wird auf 3,5% der landwirtschaftlichen Nutzfläche geschätzt (Vergleich Vorarlberger Rheintal 12%). Da- von sind 160 ha (= 0,13 Promille der Mittel- landfläche) als Hochmoore und rund 3600 ha (0,3% der gesamten Mittellandfläche) als Flachmoore ausgewiesen. Selbst unter Be- rücksichtigung der Bahn- und Strassen- böschungen (ohne Autobahnen) machen die noch vorhandenen mageren Blumenwiesen nur gerade eine Fläche von 1900 ha aus (0,16% der gesamten Mittellandfläche bzw. 0,3% der landwirtschaftlichen Nutzfläche). Die Fläche der Hecken und Bachgehölze im Ausmass von 900 ha bewegt sich gar im Be- reich von Zehntels-Promillen. Mit 8400 ha entfällt die grösste absolute Fläche auf die ökologisch wertvollen Obsthaine. Günstigere Verhältnisse herrschen im Wald, obwohl auch hier qualitative Defizite beste- hen (vor allem im weitgehenden Fehlen von Alt- und Totholz im biologischen Sinne). Mit rund 40 000 ha macht der naturnahe Waldan- teil aber immerhin 13,8% aus. Der Wald- saum, die ökologisch wertvolle Nahtlinie zwi- schen Wald und Grünland, weist nach eige- nen Schätzungen im Mittelland eine Länge von rund 40 000 km auf (Länge des Erdum- fangs). Die rund 35% als naturnah eingestuf- ten Waldränder bedecken bei einer Breite von 10 m eine Fläche von ca. 14 000 ha und sind ein wesentlicher Teil des Grundgerüstes an struktureller Ausstattung. 
Bezieht man die Fläche der Auenwälder mit ein, sind im Mit- telland rund 56 800 ha Wald (knapp 20% der gesamten Waldfläche) als naturnah anzuspre- chen. Der Gesamtbestand an naturnahen Flächen im schweizerischen Mittelland beträgt nach diesen Schätzungen noch knapp 82 000 ha (= 6,7% der Mittellandfläche}. Diese Kargheit an naturnahen Restbeständen und deren häufige Nichtwiederherstellbarkeit zeichnen ein betrübliches Bild über den Zu- stand der Natur im schweizerischen Mittel- land. In Konsequenz sind die wenigen verblie- benen Naturinseln noch offensiver als bisher zu verteidigen. Dabei stellt schon die Siche- rung des Status quo eine grosse Naturschutz- Aufgabe dar. 
Der Soll-Wert naturnaher Flächen im schweizerischen Mittelland Aus der Darlegung des Ist-Zustandes und der Erkentnisse zu den minimalen Flächenerfor- dernissen für die einzelnen Biotoptypen sind Vorstellungen über den Soll-Wert an naturna- hen Räumen für das Mittelland zu entwic keln. Als Arbeitshypothese wird in diesem Bericht die Erreichung der Vielfalt und Quali- tät der Landschaft der ausgehenden 1950er und der frühen 1960er Jahre postuliert. Der Zustand dieser Periode gilt bekanntlich auch in der Luftreinhaltepolitik als anzustrebende Referenzgrösse. Manches, was sich auch auf Natur und Landschaft besonders nachteilig auswirkte, scheint in dieser Periode seinen.   Anfang genommen oder verstärkt eingesetzt zu haben (Motorisierung, landwirtschaftliche Betriebsvergrösserung, Düngereinsatz). Bio- indikatorisch aussagekräftige Tierarten haben nach 1960 Populationszusammenbrüche er- 
fahren. Hierzu gehören in der Kulturland- schaft z.B. das. Rebhuhn, der Steinkauz, der Wiedehopf sowie der Raub- bzw. Rotkopf- würger. Mit der Vorgabe eines Zielhorizontes 1960 wird denn auch bereits berücksichtigt, dass Einiges unwiederbringlich verloren bleiben wird bzw. die Lebensraumansprüche für die Erhaltung wichtiger Spitzenarten im schwei- zerischen Mittelland kaum mehr gegeben sind. So kann der Soll-Zustand bei einigen flächigen und vor allem schwer regenerierba- ren Biotoptypen wie z.B. bei den Hoch- und Flachmooren, aber realistischerweise auch bei den Hochstamm-Obstgärten, nicht mehr er- reicht werden. Hier wird es darum gehen müssen, die noch bestehenden Flächen zu erhalten und durch ausreichende Pufferzonen zu sichern. Am ehesten sind strukturelle Verbesserungen (z.B. Anlage von Hecken, Gestaltung gestuf-
	        

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