Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1989) (26)

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Liecht. Umweltbericht, Dezember 1989 Naturnaher Wasserbau als Beitrag zur Revitalisierung von Gewässersystemen Jahrtausendelang dem Wirken der Elemente hilflos ausgeliefert, machte sich der Mensch den technischen Fortschritt zunutze, um die Gewalt des Wassers zu zähmen. Das Fachwissen und die ökologische Einsicht sind heute so weit gediehen, dass sich der Wasserbau vermehrt an der Natur zu orientieren beginnt. Das Vortragsmanuskript von Heinz Kaupa mussten wir aus Platzmangel stark kürzen. Heinz Kaupa, Wien Seit Millionen von Jahren haben sich im Wechselspiel der geologischen Gegebenhei- ten und der Klimaeinflüsse das Relief der Landschaft und die Oberflächengewässer ge- bildet. In den letzten 12 bis 15 Jahrtausenden konnte sich ein darauf abgestimmtes ökologi- sches Gleichgewicht der Tier- und Pflanzen- welt einstellen. Flussbettbildung Abhängig von der Tektonik, dem Gestein, dem Klima und der Vegetation bilden sich auf der Erdoberfläche durch das Abfliessen des Niederschlagswassers Runsen, Rinnen und schliesslich Bäche und Flüsse. Durch diese naturräumlichen Gegebenheiten ergeben sich Wasserabfluss und Feststofftransport. Sie be- stimmen zusammen mit den jeweiligen loka- len geologischen Verhältnissen die Geometrie und Struktur des Flussbettes im betrachteten Gewässerabschnitt. Jedes Fliessgewässer ist ein dreidimensionales Gebilde. Zur Beschreibung der Gerinnegeo- metrie dienen Grundriss, Längsschnitt und Querschnitte. Sie müssen als Teil eines Gan- zen und in ihren Wechselwirkungen als ver- netztes System verstanden werden, das von aussen durch Wasserabfluss und Feststoff- transport gesteuert wird. Charakteristik von Fliessgewässern Der natürliche Grundriss eines Fliessgewäs- sers entsteht durch das Wechselspiel von geo- logischem Substrat und Landschaftsrelief des Gewässerabschnittes einerseits und den Aus- 
wirkungen der Energieumwandlungen des fliessenden Wassers, die sich durch Erosion oder Akkumulation äussern andererseits. Un- abhängig von den physikalischen Prozessen werden üblicherweise • gestreckte • verzweigte und • gewundene Gewässerläufe unterschieden. Im Längs- schnitt eines Fliessgewässers werden dem ge- streckten Grundriss vereinfacht der Oberlauf, dem verzweigten Lauf der Mittellauf und dem gewundenen Lauf eines Gewässers der Unter- lauf zugeordnet. Während der Abfluss im Oberlauf der Fliess- gewässer im Winter gering ist, mit der Schneeschmelze im Frühjahr eventuell auch durch Gletscherschmelzwasser ab dem Früh- jahr deutlich zunimmt, zeigen Messungen bei Voralpenflüssen über das Jahr weitgehend unveränderte Abflussverhältnisse. Kleinstrukturierung des Querschnittes Bei vom Menschen weitgehend unbeeinträch- tigten Gewässern kommen glatte, gerade Querprofile praktisch nicht vor. Vielmehr wechseln Breiten und Tiefen sowie die Ge- wässersedimente ständig. Die Strukturierung entsteht z. B. bei ge- krümmten Fliesstrecken durch die sogenannte Flechtströmung. Das Aussenufer ist einer ver- stärkten Erosion unterworfen und es entste- hen die sogenannten Kolke (Prallufer). Dane- ben landet das Innenufer (Gleitufer) tenden- ziell auf (vgl. Abb. 1). 
Lebewelt im und am Gewässer Gewässer und die sie begleitende Uferland- schaft sind Lebensräume von Organismen und Organismengemeinschaften mit vielfälti- gen Wechselbeziehungen. Veränderungen der Flussbettmorphologie, des Abflussregi- mes und der Strömungsverhältnisse sowie an- dere Einflussnahmen auf die physikalischen (evtl. auch chemischen) Gegebenheiten in Fliessgewässern haben Auswirkungen auf die Organismen in diesem Lebensraum, da Ar- tenzusammensetzung, Individuenzahl und Stoffumsatz der Biozönose von den durch das betreffende Gewässer gegebenen Milieube- dingungen abhängen. Die biologischen Pro- zesse haben ihrerseits Rückwirkungen auf die Gewässer und ihre Nutzbarkeit (Selbstreini- gung, Fischerei, Erholungswert usw.). Vegetation Für die Tier- und Pflanzenwelt im und am Gewässer bilden vor allem die vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen Wasser und Land, wie z. B. Wasserstände, Strömungsge- schwindigkeit und Überflutungshäufigkeit wichtige Rahmenbedingungen. (vgl. Auvege- tation Abb. 2.) Limnologie von Fliessgewässern Die Lebewelt der Fliessgewässer umfasst ein- und mehrzellige Algen, Wassermoose sowie wurzelnde Wasserpflanzen, und an heterotro- phen Organismen Bakterien und Pilze, tieri- sche Einzeller, wirbellose Tiere verschieden- ster Art, zahlreiche Fischarten und einige Vertreter anderer Wirbeltiere. In Binnengwässern Europas gibt es etwa 7000 Arten wasserlebender Insekten, und
	        

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