Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1987) (22)

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Bodenlebewesen 
Oktober 1987 steifen Stecklein als Nahrung in die Boden- gänge einzuführen, die dann beim Eingang steckenbleiben. Ganz abgesehen von dieser kleinen Anekdote darf man nicht vergessen, dass der Boden das Resultat der Vermischung des organischen Oberflächenmaterials und der Mineralelemente des geologischen Sub- strates ist. Die Würmer tragen zu dieser Mi- schung wesentlich bei, indem sie die während des Bohrens der Gänge bis in eine Tiefe von zwei Metern aufgeworfene Erde an die Ober- fläche tragen. In den Wiesen des Mittellandes befördern sie auf dies Weise zwischen 50 und 80 Tonnen pro Hektar Erde, diese wulstigen Gebilde, die wohl schon ein jeder gesehen hat. Man ist der Meinung, dass die ersten zehn Zentimeter unserer Wiesen aus den im Verlauf der 10 bis 20 letzten Jahre erfolgten Auswürfen der Würmer bestehen. Dank die- ser Arbeit wird die Porosität des Boden erhal- ten und die durch die immer schwereren Landwirtschaftsmaschinen verursachte Bo- denverdichtung in gewissem Masse ausgegli- chen; sie erhöht die Wasserkapazität und bringt eine mineralstoffreiche fruchtbare Ma- terie an die Oberfläche. Die exkrementenfressenden Dungkäfer, die in der Verarbeitung von Kot und Kuhmist spezialisiert sind, sind ebenfalls sehr wiksame Wühltiere. Urteilen Sie selbst am folgenden Beispiel: Wenn eine Kuh täglich 12 Fladen von 30 bis 40 cm Durchmesser ausstösst, wie gross wäre dann die Oberfläche, die 30 Millio- nen Kühe in einem Jahr überdecken würden. Und was geschieht, wenn keine einheimische Tierart fähig ist, diese Lawine in den Boden 
zu vergraben? Dieses Problem stellte sich den australischen Zoologen. Sie haben es gelöst, indem sie auf ihrem Kontinent afrikanische Dungkäfer, Spezialisten der Rinderexkre- mente, einführten. Diese Spezies haben sich derart akklimatisiert und vermehrt, dass sie gegenwärtig mit ihrer Arbeit jedes Jahr eine Weidenoberfläche vor der Unfruchtbarkeit retten, die der Hälfte der Schweiz entspricht. Die Tiere als Gemeinschaften Bisher war nur von den Zerlegertieren die Rede. Aber die Analyse der Nahrung, die bisweilen heikel ist, wenn es darum geht, den Darminhalt einer Milbe von 0,5 mm Länge zu untersuchen, zeigt, dass nicht alle Bodentiere zu ihnen gehören. Es gibt unter ihnen Räuber aller Grössen, Parasitoiden, Wurzel-, Pilz-, Algen-, Bakterien- und Pollenkörnerfresser. Jede Art, so klein sie auch sein mag, nimmt in diesem grossen Raum ihren eigenen Platz ein, der vorwiegend durch ihre Nahrung, ihren Lebensstandort und die Jahreszeit, in der sie aktiv ist, bestimmt wird. Die Gesamtheit der Spezies bildet eine komplexe Gemeinschaft, deren Bevölkerungen fluktuieren, sich gegen- seitig in einem dynamischen, stets neuen Gleichgewicht, einander anpassen. Die Tiere als Bioindikatoren der Bodenqualität und Gesundheit Forschungen in Grossbritannien haben ge- zeigt, dass die Bodenfauna pro Oberflächen- 
einheit in einer beständigen Wiese ungefähr zehnmal reichhaltiger ist als in einem Korn- feld. In den Zoologischen Instituten von Bern und Neuenburg durchgeführte Untersuchungen haben ergeben, dass die verschiedenen Jau- chenarten — Schweinejauche, Rinderdünger, Klärschlamm — die spezifische Zusammenset- zung und die Viefalt der Bodenfauna unter- schiedlich beeinflussen. Diese wird auch durch den unmässigen Ge- brauch von Pestiziden, durch den Nieder- schlag von giftigem Rauch, ja sogar durch Auswirkungen von schlecht installierten Heiz- pumpen beeinträchtigt. Diese kurz angeführten Beispiele beweisen, dass die verschiedenen zoologischen Grup- pen, von denen hier die Rede war, als Bioin- dikatoren des Bodens verwendet werden kön- nen, wobei deren Untersuchung die klassi- schen Analysen ergänzt. im Hinblick auf eine langfristige Kontrolle der Bodenfruchtbarkeit bietet sich hier ein Instrument, das noch we- sentlich vervollkommnet werden muss, das aber bereits jetzt als unerlässlich bezeichnet werden darf. Wie in der Hydrobiologie, in der die Biotischen Indikatoren es ermöglichen, die Qualität der Wasserströme zu erkennen und zu vergleichen, sind die tierischen Bioin- dikatoren des Bodens ein Beispiel dafür, dass Basisstudien in der Zoologie und Ökologie zu praktischen Anwendungen führen. 
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