Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1985) (17)

Liechtensteiner Umweltbericht 
«Ruggeller-Riet» 
Seite 13 Mit Verordnung vom 17. Oktober 1978 wur- den Teile des nördlichsten Ruggeler Rietes im Ausmass von ca. 92 ha unter Naturschutz gestellt. Teile des angrenzenden Vorarlberger «Bangser Riedes», wurden schon im Jahre 1974 unter Schutz gestellt. Die ersten Bemü- hungen für diese Unterschutzstellungen ge- hen auf das Jahr 1970 — das Europäische Naturschutzjahr — zurück. Doch blättern wir in der Geschichte dieser Streuewiesen etwas zurück. Auf der Nordseite des Eschnerberges bestand einst nach' der Eiszeit — also vor tausenden Jahren — ein See, der vom Schuttkegel der Ill und dem Rhein eingeschlossen war. Aus den Bodenprofilen können wir ablesen, dass die- ser See allmählich verlandete und die pflanzli- chen Produkte hier unter Luftabschluss bis gegen 9 m Torf bildeten. Das spätere natürli- che Vegetationsbild wäre ein feuchter Laub- mischwald, der aber wohl schon in der ersten Hälfte des Mittelalters gerodet worden sein dürfte. Die ersten Landeskarten zeigen uns im Bereich des Ruggeller Rietes ein «moosi- ges Riet», dessen Streue durch den einmali- gen herbstlichen Schnitt genutzt wurde. 
*Die ■ Moorwiesen des Ruggeller Rietes dürften so schon gegen 1000 Jahren alt sein. Erst recht jung ist hingegen die Torfnutzung, die mit zunehmender Holzknappheit ab dem 18. Jahrhundert begonnen wurde. Noch um die letzte Jahrhundertwende darf angenommen werden, dass rund die Hälfte des liechtenstei- nischen Talraumes mit Riedwiesen bedeckt war. Wo immer im alpennahen Raum aus klimati-   schen oder anderen Gründen der Getreidean-   bau unzweckmässig war und somit keine Stall. streue anfiel, hat der Bauer auf die Streue au: den Riedern zurückgegriffen. Es gab Zeiten wo vor allem die feine Streue ganz hoch in Kurse war und derartige Flächen gar teure] als übriges Grünland gehandelt wurden. Die-   se alljährliche herbstliche oder winterliche Mahd bewirkte zugleich die Erhaltung diese: eigenartigen Landschaftstypes und verhinder te vor allem Seine natürliche Verwaldung. Der Landschaftsausschnitt im nördlicher Ruggeller Riet verdankt somit seine Existenz   der eher extensiven bäuerlichen Nutzung und   ist damit in seinem Erscheinungsbild eir Stück Heimatkunde und Heimatgeschichte. 
Die alljährliche Mahd verhindert einerseits das Aufkommen von Busch und Wald und schaffte andererseits für die gesamte Riedflo- ra jeden Frühling die gleichen Startbedingun- gen. Ohne eine Düngung wird eine allfällige Bevorteilung beim Pflanzenwachstum verei- telt, das heisst, auch die schwächeren, stand- ortstypischen Arten erhalten ihre Chancen. Und was für welche! Bis heute wurden über 450 verschiedene höhere Pflanzen (Blüten- pflanzen, Farne sowie Schachtelhalme) auf dem knappen Quadratkilometer festgestellt. Schon 1971 schrieb der bekannte Riedexperte Professor Dr. Frank Klötzli von der ETH Zü- rich: «Das Ruggeller Riet ist ein grossflächi- ges, vegetationskundlich sehr bedeutsames Streue- und Moorwiesengebiet. Es besitzt eine sehr reiche, zum Teil sehr seltene Pflan- zenwelt verschiedener Nass-Standorte. Als letzter grossflächiger Rest der ehemaligen ausgedehnten Moore ist es von internationa- ler Bedeutung. Das Ruggeller Riet liefert da- mit einen wesentlichen Beitrag zur Erhaltung stark gefährdeter Arten». Die 1984 veröffentliche «Rote Liste der ge- fährdeten und seltenen Pflanzenarten des Fürstentums Liechtenstein» bestätigt die überragende Bedeutung des Ruggeller Rietes für den botanischen Artenschutz. Von den 384 in der Roten Liste enthaltenen Arten sind immerhin 24 Prozent auch oder nur im Rug- 
geller Riet vorhanden. Umgerechnet auf die- ses Gebiet heisst dies, dass rund 20 Prozent oder ein Fünftel aller Arten im Riet als in Liechtenstein gefährdet oder selten gelten. Vier Arten des Ruggeller Rietes stehen gar auf der gesamteuropäischen Roten Liste, was den Wert dieser Flächen unterstreicht. Das Ruggeller Riet darf zwischenzeitlich als recht gut erforscht gelten. Bisher wurden bei- spielsweise alle Wirbeltiere, also die Säugetie- re, die Lurche und Kriechtiere, die Vogelwelt sowie die Fische untersucht. Von den Klein- tieren sind die Käfer, die Tag- und Nachtfal- ter, die Libellen, die Heuschrecken sowie die Weichtiere in Bearbeitung. Alle diese Studien beweisen ebenfalls die grosse Bedeutung des Riedes als Lebensraum. Das Wort «Lebens- raum» setzt sich aus «Leben» und dem hierfür benötigten «Raum» zusammen. Die hier hei- mischen pflanzlichen und tierischen Speziali- sten der Feuchtgebiete brauchen einen gewis- sen Mindestraum zum Überleben, so etwa das «Wahrzeichen» des Riedes — der grosse Brachvogel — ca. 10-30 ha pro Brutpaar. Im Gebiet brüten derzeit rund 30 verschiedene Vogelarten, darunter neben dem Grossen 
Brachvogel  die ebenfalls auf der einschlägigen Roten Liste der gefährdeten Arten verzeich- neten Wachtel, Wasserralle, Wachtelkönig, Bekassine, Grauammer als in Liechtenstein vom Aussterben bedrohte Arten. Gesamthaft konnten im Gebiet bisher rund 130 verschie-
	        

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