Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1984) (15)

Liechtensteiner Umweltbericht 11 
 Umweltkrise 
Seite 5 ganzheitliche Denken mündet in einen Zeit- geist, in dem gilt: Das Gedankengut eines solchen Zeitgeistes ist eingebettet in einen natürlichen Kreislauf: den Regelkreis. Ursprünglich der Natur abgeschaut, be- dient sich die Technik seit Jahren des Regel- kreises. Unzufrieden über den einseitigen, materiell ausgerichteten Führungsstil des amerikanischen «Management by . », emp- fiehlt nun die Organisationslehre ebenfalls den Regelkreis; so für Betriebe, in denen das humanistische Gedankengut gepflegt werden soll (mitmenschliche Führung). Der Kopf des Regelkreises ist das 
Planen. Hier werden die Ziele gesetzt, das Ausführen vorbereitet. In das Planen mündet dauernd das 
Vorkoppeln, gewonnen aus neuen Ideen, Erfahrungen von aussen. Hier wirkt das 
Krea- tive, befruchtet das Geistige je auf höchster Ebene. Dem 
Ausführen folgt das 
Prüfen, 
der Grund- stock des Regelns, Steuerns. Die Erfahrungen aus dem Prüfen werden in den Kopf, das Planen, 
rückgekoppelt 
(jetzt ist man «geschei- ter» als eine Runde zuvor; der nächste Um- lauf kann verbessert, fehlerärmer begonnen werden). Das System ist aber nie vollkom- men, sondern es verbessert sich dauernd einem Idealzustand zu, ohne ihn jemals errei- chen zu können. Epochale Ereignisse bedeu- ten Phasensprünge für den Regelkreis: das System hat sich den umwälzenden Neuerun- gen — ausgehend vom Planen — ruckartig anzu- passen. Der Regelkreis erinnert sehr an ein biologi- sches Kreislaufsystem, etwa den Blutkreis- lauf. Das System versagt, wenn eine der Stel- len unzureichend wirkt. Die Krise ist entstan- 
den, weil in unseren Tagen 2 Stellen system- widrig, im Denken in Splittern, arbeiten: wir planen falsch und verstehen es nicht, Die Krise durch Rückkoppeln zu übersteuern. Schlimmer noch: Das Vorkoppeln, hervorge- rufen durch die Tiefe der Gedanken, ist in unserer Gesellschaft beinahe ausgemerzt. Der Regelkreis lässt sich erweitern auf unse- ren Themenkreis Zeitgeist — Umwelt — Wirt- schaft: den Dachregelkreis. In ihm sind ganz- heitliches Denken mit natürlichem Kreislauf vereinigt. Er ist eine Gedankenwelt der Zu- kunft, für manchen Utopie. Ein modernes Flugzeug, ein Elektronenrechner waren vor 50 Jahren noch Utopie. Warum sollten Uto- pien nicht auf geistiger Ebene möglich sein? Eine Utopie ist keine Illusion: diese ist welt- fremde Träumerei, jene Anreiz für kreative Menschen, Neues zu schaffen. Der Dachregelkreis ist Utopie, ein Baustein nur für eine ganzheitliche Welt. Bausteine - wenn auch nur winzige — dafür zu liefern ist edelste Aufgabe der Gegenwart: in sanfter Verschwörung Bausteine zu backen für ein Gebäude, in dem es wärmer ist als in der Zugluft unterkühlter Wolkenkratzer, in deren Schluchten keine Sonne mehr scheint. Zum Zeitgeist Das Ziel ist ein Zeitgeist, der den ideellen und materiellen menschlichen Bedürfnissen ge- recht wird; das Ziel ist eine blühende Wirt- schaft; das Ziel ist eine Umwelt im Gleichge- wicht; das Ziel ist Wohlbefinden allen Lebens unter natürlichen Bedingungen; das Ziel end- lich ist Ehrfurcht vor der Schöpfung — und dem Schöpfer. Es gilt, die Frage nach dem Sinn des Lebens neu zu stellen. Er besteht sicher auch aus dem 
materiellen Fortschritt aller Menschen. Damit hat es sein Bewenden nicht. Zum konsumpti- ven Glück muss auch das produktive Glück kommen (selbst gezogener Salat schmeckt besser als gekaufter). Nur so ist körperliches, geistiges und seelisches Wohlbefinden mög- lich. Den Weg dahin ebnet eine Denkschule, wie sie schon in der Antike bestand. Dieses alte Neuland des Denkens ist immer häufiger in der modernen Literatur anzutreffen, so bei Frederic Vester, Alvin Toffler oder Susan Ferguson. Ich würde das Denken als Hauptfach in allen Schulen einführen und dabei lebensnahe Phi- losophie pflegen: — das Anderssein als gut, ja schön zu emp- finden — 
vom Anderssein seinen eigenen, einmali gen Wert zu erleben — 
die Unlustintoleranz unserer Tage zu ver schmähen — 
das Schicksal des guatemaltekischen India ners auf mich zu beziehen — 
Macht als die Speerspitze des Nekrophilen 
  zu entlarven — bedingungslose Liebe als das Göttliche zu suchen — 
dass gut alles Biophile ( lebensfördernde ist — 
dass böse alles Nekrophile — zum Tod ziehende — ist — 
dass wir Liechtensteiner nicht das Mass de Schöpfung sind Kein höheres Tun, als Besserem sich zu wid men; kein edleres Denken, als Gut und Böse   in sich zu erkennen. Zur Religion und zur Philosophie Es gibt im Menschen keine drängendere Fra- ge als die nach dem Woher und dem Wohin. Das Innerste des Zeitgeistes muss erfüllt sein von der Auseinandersetzung mit Gott und dem Sein. Wenn Gott ist, hat der Zeitgeist erst Sinn; sonst ist der Zeitgeist grundlos, er hat den Un-Sinn, den er heute hat: dürrer Hedonismus, der immer kurzlebigeren Sensal-
	        

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