Volltext: Liechtensteiner Umweltbericht (1978) (1)

Das leise Sterben der Obstbäume 
Umwelt-Bericht 
Juni 1978 Seite 8 Die Dörfer Liechtensteins lagen einst in hochstämmigen Apfel- und Birnbaum- gärten eingebettet. Landvogt Schuppler förderte beispielsweise 1812 die Anlage von Obstbäumen entlang der Strassen. Der liechtensteinische Landwirtschaftli- che Verein gab zu Beginn unseres Jahr- hunderts ca. 5000 Obstbäume verbilligt ab. Der hochstämmige Obstbaum stellt vor allem während seiner Blütezeit eine prachtvolle. Erscheinung dar. Diese markanten Bäume verschwinden aber immer mehr aus unserem Landschafts- bild. Waren in allen liechtensteinischen Gemeinden 1951 noch 59 000 Bäume zu zählen (= 100 Prozent), so sind es 1961 noch ca. 49 000 (= 84 Prozent) und im letzten Zähljahr 1971 gar noch knapp 32 000 Stück (54 Prozent von 1951). Heute, 1978, müssen wir annehmen, dass sich dieser Schwund noch verstärkte und dass nur noch ein Drittel des 1951 bestehenden Obstbaumbestan- des steht. Man mag dies bedauern, auf- halten lässt sich diese Entwicklung kaum. Ein Teil der überalten Obst- bäume bricht zusammen, der erwerbs- mässige Obstbau stellt auf niederstäm- mige Obstplantagen um. Diese werden zwar rationell zu bewirtschaften sein, können aber in landschaftsaestheti- scher, landschaftsökologischer und lo- kalklimatischer Hinsicht keinen annä- hernden Ersatz für den verlorengegan- genen Bestand an Altbäumen darstellen. Wenn im Titel vom leisen Sterben ge- sprochen wird, so ist damit auch der schleichende Verlust von wenig pro- duktivem gemeint; die Wasseraustrei- bung, die Verlegung der Bäche in künstliche Gerinne, der Verlust von Oedland im Talraum, das Roden von Baum und Strauch in der Talebene und eben der Schwund der Obsthaine rund 
um unsere Ortschaften — allgemein der drohende Verlust von dessen, was man «Heimat» nennt. Denn jede Heimat im ländlichen Raum baute einst auf einer Vielseitigkeit auf. Die starken Land- schaftsveränderungen, die zu Monokul- turen jeglicher Art ausmünden, nagen an diesen Räumen, die Heimat sind. Die LGU regt deshalb an, für einmal wieder einen Obstbaum, einen Nuss- baum oder eine Eiche als Ersatz für den Abgang der alten Bäume zu setzen. Unsere Quartier- und Landstrassen wurden in den vergangenen Jahrzehnten verbreitert. Baum und Strauch mussten weichen. An einen Ersatz wurde selten gedacht. Das «Grün» verschwand aus vielen Ortschaften. Das Beispiel der Duxgasse in Schaan, mit den markanten Eichen, mag uns dieses «Grün» wieder in Erinnerung bringen. 
Rheinkraftwerke? Die LGU wurde verschiedentlich schon um eine Stellungnahme zu den in Dis- kussion stehenden Rheinkraftwerken aufgefordert. Aus den Tageszeitungen wird von zwei konkurrierenden Projek- ten berichtet, wobei sich der Schwer- punkt des geplanten im Raume Chur bis Fläsch befindet. In einer weiteren Etappe wären auch Kraftwerke auf der Höhe Trübbach, Weite, Sevelen, 
Bendern  und Ruggell vorgesehen. 
Ohne Be- urteilungsunterlage ist es der LGU nicht möglich, derzeit irgendwelche konkrete Aussagen hierzu zu machen. 
Hingegen wären sicher verschiedene Umwelt- und Sicherheitsfragen 
abzuklären. Ohne eine Dammerhöhung (Landschaftsbild!) und ohne eine Verdichtung der Rhein- sohle wären wohl solche Stausperren kaum zu realisieren. Auch die Geschie- beführung könnte zu Problemen Anlass geben. Ein gewisses Unbehagen ergibt sich in Kreisen der Bevölkerung da- durch, dass über die Nutzung der Was- serkräfte von Chur bis zum Bodensee ein «Krieg» unter grossen Planungs- büros ausgebrochen ist, hinter denen massive 
wirtschaftliche 
Interessen stecken. Dadurch könnte die Gefahr be- stehen, dass über die Interessen der an- sässigen Bevölkerung hinweg geplant wird. Verwirrung stiften auch Aussagen, die von heutigen Ueberkapazitäten spre- chen. Von Energiesparen — einer der geeignetsten Quellen zur Lösung des Energieproblems —ist hingegen oft mehr rethorisch die Rede. Auch in Liechten- stein muss es bedenklich stimmen, wenn wir unser Land von weitem bei Nacht betrachten, denn ein riesiges Lichtermeer zeigt uns an, wo Liechten- stein liegt. Auch wenn dieser Nacht- strom vielleicht nicht so stark ins Ge- wicht fällt, so ist es psychologisch da- durch recht schwierig, die Bevölkerung zum Energiesparen zu ermutigen. Eben- so müssten Landesinstitute einheitlich für ein Energiesparen eintreten und auf eine Werbung für den Stromverbrauch via Prospekte verzichten, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Destillationsanlage Sennwald Die Liechtensteinische Gesellschaft für Umweltschutz erbrachte in den Jahren 1973 und 1974 den Beweis, dass Rauchgaswaschanlagen 
zur weitge- henden Eliminierung von Schwefel- dioxid als «Stand der Technik» wie auch für den Fall Sennwald 
wirtschaft- lich tragbar wäre. Auch unsere regie- rungseigenen Experten wurden anläss- lich einer Reise nach Schweden von dieser Tatsache und den Möglichkei- ten überzeugt. Unser damals erstell- tes Dossier über Rauchgasentschwe- felung wurde von Organisationen aus sieben Staaten angefordert. Wir wehr- ten uns von Beginn an gegen 
eine Ballung umweltbelastender Betriebe in unserer Region, 
die heute noch von at- traktiven Landschaften und deshalb vom Fremdenverkehr geprägt ist. Wir äusserten immer Bedenken, dass es
	        

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