Volltext: Vaduz: ein Heimatbuch

Schule, zur Hebung des Bildungswesens veranlaßt. Welch hohe Meinung vom 
Werte der Schulbildung spricht aus den wenigen Worten, welch edle Tat ist es, 
eine Summe Geld für die Bildung der Jugend zu schenken, die ungefähr dem Preise 
von fünf Häusern entsprach, und wie fest entschlossen ist der Geber, die gute 
Sache auch in die Tat umzusetzen, daß er dem Staate auch gleich die Verpflichtung 
aufträgt, was er zu tun hat und wie schnell! Eine wahrhaft hohe menschliche 
Gesinnung. 
Der Spruch auf dem Grabe des Menschenfreundes besteht zu vollem Recht: 
„Den Meister sah ein Halbjahrhundert 
im Wirken groß, im Helfen reich 
ınd selten ward so hoch bewundert 
Jer Ärzte einer, diesem gleich.“ 
Nun kommt das Werk wirklich in Schwung: Die Regierung veranlaßt den 
Fürsten zur Genehmigung der Schenkung, in schwäbischen Zeitungen wird die 
Lehrerstelle ausgeschrieben (sogar Doktoren der Philosophie melden sich, es wird 
aber ein Schulpraktiker angestellt) und die Verhandlungen über die Finanzierung 
laufen an. Die Stiftung Dr. Graß trägt durch ihre Zinsen das Lehrergehalt, die 
Gemeinde Vaduz stellt den Schulraum, der Fürst gibt Holz für Schule und Lehrer- 
wohnung und ein Wohnungsgeld für den Lehrer, das Land zahlt die notwendige 
Einrichtung. Das Jahreserfordernis von 1185 Gulden wird von vier verschiedenen 
Stellen bestritten; so rar war damals das Geld im Lande. Die Bedingung des 
Stifters ist erfüllt, im Herbst 1858 wird die Schule eröffnet. 
Köstlich sind die „Schulstatuten“ zu lesen. Welche Musterkinder wollte man 
doch erziehen! „Der Schüler sei friedfertig und verträglich und meide jeden Streit 
mit den Mitschülern und jede Schmähung und Kränkung derselben. Das Schul- 
zimmer betrete er mit entblößtem Haupte, begebe sich an seinen Platz und ver- 
halte sich ruhig.“ Auch die Eltern werden zur Mitarbeit aufgerufen: „Bei Nacht 
sollen die Schüler nicht außerhalb ihrer Wohnungen sein. Beim Läuten der Bet- 
glocke haben sie sich nach Hause zu verfügen.“ Aber die Strafen! Der erste oder 
leichteste Grad ist Haus- oder Schularrest und leichte körperliche Züchtigung, der 
zweite aber schon „Karzerarrest bis 48 Stunden ohne oder mit Verschärfung bei 
schmaler Kost durch einen Tag.“ 
Mit 22 Schülern aus dem Ober- und Unterland aus allen Berufsständen und 
im Alter von 12—21 Jahren wird die Schule eröffnet. Unter ihnen ist ein Fidel 
Ospelt, der 13 Jahre später der erste liechtensteinische Reallehrer sein wird und
	        

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