wachsenes Flußbett des Rheines“ wird die Vaduzer Au noch im Jahre 1806 ge-
nannt, ein nutzloser Gemeindebesitz. Da beschloß eine Gemeindeversammlung,
diese „Gemeinheit“, wie man damals sagte, aufzuteilen. Was Gemeinwerk und
Zwang niemals erreicht hätten, vollbringen die Bürger als neue Besitzer einzelner
Teile. Sogleich wurde angefangen „zu urbarisieren und etwas zu pflanzen. Mit
vielen Kosten und unermüdeten Arbeiten brachte man die Au durch einige Jahre
in ein schönes Feld umzuwandeln, welches durch eine Reihe von Jahren reichen
Segen brachte. Nun ist es mit diesem Feld gut gegangen bis in die Zwanzigerjahre,
dann hat sich der Strom durch das übermäßige Abholzen und Zusammenschlipfen
der Bündnerberge durch Geschiebemassen, die er von Jahr zu Jahr immer mehr
brachte, so erhöht, daß das Versumpfen derart einbrach, daß schon viele Böden
dieser Au besonders in nassen Sommern nicht mehr pflanzbar waren.“ So beginnt
ein Bericht von 1848. Bald kam es noch viel schlimmer, denn zur Zeit der Schnee-
schmelze stand das Wasser drei bis vier Schuh über der Oberfläche des Feldes, und
der vorarlbergische Kreisingenieur von Negrelli (er wurde später durch sein
Projekt des Suezkanales berühmt) erklärte, das Feld sei tot, es könne nur durch
Anschlemmen geholfen werden, aber das brauche Jahrzehnte Zeit. Es war wirklich
eine verzweifelte Lage. Man konnte „im Wasser waten, wo man früher herrliche
Früchte traf“. Auch in der Schweiz hieß es damals, daß kein Teil der Eidgenossen-
schaft in seiner Bedrängnis dem Rheintale zu vergleichen sei.
Doch die Not hat ihr Gutes: 1839 kommt der Rheinkorrektionsplan zustande,
dem sich auch Liechtenstein anschließt. Als inhaltsschwer, eine ganze Zukunft
bergend, wird dieser Plan bezeichnet. Die Normalbreite wird auf 400 Fuß, die
heutigen 120 Meter, festgelegt, die Dammlinie möglichst gerade gehalten — und
ungeheure Arbeit beginnt, jahrzehntelang!
Da kam am Peter- und Paulstag des Jahres 1846 großes Unheil. „Der Rhein
brach unvermutet ob Vaduz herein, und zwar nur bei ganz gewöhnlichem Wasser-
stand, weil der Strom unbewacht eine ganz unglückliche Wendung genommen
hatte und senkrecht auf das unbeschützte und unbewachte Ufer fiel.“ So schreibt
David Rheinberger. „In einer Stunde überschwemmte er drei Millionen Klafter
Land und zerstörte eine Ernte von mehr als 100000 Gulden an Wert. Nur durch
unerhörte Anstrengungen mit bedeutenden Opfern nach einem Verweilen von
22 Tagen konnte man den Rhein wieder in sein Bett zurückbringen“, heißt es in
einem Schweizer Bericht.
Fast metertief liegt an vielen Stellen das Feld unter dem Kies begraben, und
trotz allen Zweifeln der Fachleute ging man unverdrossen an die Arbeit. Es war