Die Alemannen
Die Stürme der Völkerwanderung waren verbraust, als die Alemannen ins
Land kamen. Ihre Einwanderung, die „Landnahme“, fand nicht kriegerisch statt,
die Gegend war dünn besiedelt, und manches deutet auf ein Nebeneinander fried-
licher Art, vor allem auch die Häufigkeit der romanischen Namen, die hier
viel zahlreicher sind als zum Beispiel in Oberschwaben, wo das Land in den
Kämpfen der großen Wanderzeit erobert wurde.
Unser Wesen ist von dieser Doppelheit rätoromanischer und alemannischer
Art geprägt. Die zähe, harte, nüchterne, arbeitsame und vor Entbehrungen nicht
zurückschreckende Art der germanischen Alemannen mischt sich mit dem beschau-
.ichen, weicheren und empfindlicheren romanischen Charakter.
Wir erkennen heute noch die Gepflogenheiten der Besitzverhältnisse, wie sie
bei den Alemannen bestanden: Der Wald war Gemeinbesitz und ist es heute noch,
ebenso die Weide, die „Allmein“, und der Boden wird den Bauern zur Benützung
übergeben, ist im eigentlichsten Sinne also auch Gemeinschaftsbesitz. Der „Los-
boden“ unserer Dörfer, in Vaduz schon sehr knapp geworden, und das Losholz
sind Reste dieser Verhältnisse. Erhaltung von Weg und Steg, Anbau und Frucht-
wechsel, Austrieb auf die Weide, Wechsel von Ackerland und Brache werden in
Versammlungen etwa in der Art festgelegt, wie es mit dem Alpauftrieb noch
heute geschieht. Das Dorf ist eine Art von Genossenschaft.
Daneben aber besteht sehr früh ein herrschaftliches Element. Manchmal kommt
ein Anführer mit einem kleinen Siedlungsverband gewandert, nach ihm wird das
Dorf benannt, er erhält einen Herrenhof, der dann später mit dem Erstarken
der Zentralgewalt zum Königshof wird.
Um 830 wird das Dorf Schaan genannt in einem Verzeichnis der Reichsgüter,
und die Besitzungen des Königshofes werden aufgezählt. Die Mühle, die erwähnt
wird, kann nur im Mühleholz gewesen sein, und sie war Bestandteil des herr-
schaftlichen Besitzes wie noch 1000 Jahre später, als es eine herrschaftliche „Zwangs-
mühle“ war, so genannt, weil jeder Bauer verpflichtet war, dort mahlen zu lassen.
Es ist durchaus möglich, daß auch in Vaduz ein Herrenhof stand, wohl kein
Königshof, aber Besitz des „Zentgrafen“ vielleicht, der abzuleiten ist aus dem
alten alemannischen Herrenbesitz. Das herrschaftliche Gut Unterspania (heute
Bürgerheim) und das Amtsviertel gehörten dann dazu. Solche Güter wurden durch
Eigenleute bewirtschaftet, die sogar verschenkt werden können. Die erste Urkunde
mit dem Namen Vaduz enthält. wie wir sehen werden, eine solche Schenkung. Oft