Volltext: Vaduz: ein Heimatbuch

war, denn es war im Winter eine wichtige und nahrhafte Zugabe zu vielen Speisen, 
Und die Mehlsuppe, der Schreck mancher Kinder! Nahrungsmittel und Medizin 
zugleich war sie, eine Wohltat für den Magen, wie immer beteuert wurde. 
Welche Genügsamkeit war doch im Leben der Ahnen! Das Firmungsgeschenk 
war für den Buben ein Hut, für das Mädchen ein Rock. Göttihut und Gottarock 
— wären heute die Kinder damit zufrieden? Nach der Trauung wurde ein besseres 
Essen gegeben, am Nachmittag spazierte man etwa in das Nachbardorf (oft soll 
es auch nur ein Gang durch die Felder gewesen sein) und am Abend wartete ohne- 
hin die Arbeit im Stall. Eine Schüssel mit Obst und ein Zopf dazu, das waren 
die Gaben auf den Weihnachtstisch. Weihnachten und Neujahr waren die einzigen 
Zeiten, in denen das vielbegehrte Gebäck, der Zopf, gebacken wurde. Weißbrot 
war ein Luxus, und ein alter Vaduzer Spruch lautet: 
Andreas am Bach 
het lutr guat Sach 
hets Hüsli verkoft 
för lutr Wießbrot. 
„Bärendreck“ war der begehrteste Leckerbissen für Kinder und Fladen für 
die Frauen. 
Einen Zweig der Familie Ospelt nennt man heute noch „’s Fleischbotha“. Aus 
Feldkirch holte der Fleischbote am Samstag das Fleisch, weil es noch keine Metz- 
gerei gab, aber nur die „Besseren“ oder auch die „fremden Bettler“, wie man die 
Beamten liebenswürdigerweise nannte, konnten es sich leisten. So war es vor 
100 oder 80 Jahren. 
Wir brauchen gar nicht so weit zurückzugehen. Es lebt in Vaduz der „Bot 
Nigg“, der bis 1919 aus Feldkirch das holte, was die Geschäftsleute in ihren Läden 
zum Verkaufe feilboten. Zweimal in der Woche zog er aus zu dieser ersten „Ca- 
mionnage“ für das ganze Oberland. Er holte allerhand: Bier für die Gasthöfe 
— etwa 2 oder 3 Kisten pro Woche —, Kohlen für die Schmiede, denn es gab 
keine Kohlenhandlung, Medizin für die Ärzte, denn es gab keine Apotheke. Bei 
jedem Wetter, bei Föhn und Glatteis, fuhr er los, und das Schellengeläut seiner 
Pferde gehörte zum vertrauten Dorfleben. Der Bot Nigg ist ein lebendes Beispiel 
dafür, wie schnell die wirtschaftliche Entwicklung fortgeschritten ist. Sehen wir 
ıns daraufhin einmal die Auslagen unserer Geschäfte von heute an! 
Mit den Kleidern trieb man keinen Luxus. Es gab manchen Mann, der werk- 
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