Volltext: Vaduz: ein Heimatbuch

Im gleichen Jahre gründen einige Konservatoristen einen Mozartverein, dessen 
Obmann der junge Komponist wird, der bald darauf ein Werk dem berühmtesten 
Münchner Musikfachmann, Generalmusikdirektor Lachner, vorspielen darf, 
„welches er außerordentlich lobte. Ich mußte ihm versprechen, so oft ich etwas 
komponiert habe, zu ihm zu kommen. Er stellte mich seinen Freunden vor mit 
den Worten: Sehen Sie, das ist mein Vaduzer Compositore.“ 
We- die Briefe des Meisters liest, wird den Eindruck bekommen, daß die größte 
Stunde seines Lebens war, als er zum ersten Male ein großes Orchester dirigierte, 
das ein Werk von ihm wiedergibt — mit 16 Jahren erlebt er diese Weihestunde, 
und ein Brief an den Vater gibt die Gefühle des Stolzes und Glücks getreulich 
wieder: 
„Teuerster Vater! 
Ihrem Wunsche gemäß beeile ich mich, sogleich nach der Aufführung meiner 
Symphonia zu schreiben. Als die Probe war, bekam ich etwas Angst, nicht wegen 
der Symphonie, sondern wegen den Musikern, welche gewöhnlich die Werke 
jüngerer Compositeurs nicht gerne und auch schlecht spielen; als sie aber das Werk 
in der Probe kennengelernt, spielten sie es mit Eifer und Liebe; schon in der Probe 
klatschten mir die Musiker zu, als ich dirigierte. 
Gestern holte ich mir vom Kleiderverleiher einen passenden Ballanzug, der 
mir ausgezeichnet gut stand, und begab mich in den Konzertsaal ‚zur Tonhalle‘, 
Als es halb acht Uhr war und der Saal voll Leute, sprang ich vor Freude auf die 
Erhöhung, wo das Dirigentenpult steht, machte dem Publico eine Verbeugung und 
fing an. Es ist ein erhebender Gedanke, so an der Spitze von 80 Musikern zu sein, 
wenn sie alle auf das Zeichen zum Anfangen warten. Nun, alles ging gut, nach 
jedem der vier Sätze stieg der Beifall und zuletzt wurde ich, weiß Gott wie oft, 
gerufen... 
Nach der Symphonie drängte sich alles zu mir, Bekannte und Unbekannte. 
Besonders das Adagio entzückte alles. Es hätte mich aber noch mehr gefreut, wenn 
Sie, teuerster, bester Vater, anwesend gewesen wären.“ 
Halten wir neben dieses Bild des Jünglings ein anderes; fast ein Vierteljahr- 
hundert später ist es: Der Hofkapellmeister dirigiert nicht mehr im Frack aus der 
Kleiderleihanstalt, sondern in glänzender Uniform. Ein Hochamt ist es, der König 
ist anwesend: 
„Da dirigierte ich das Hochamt im grünen Frack mit reich goldgesticktem 
Kragen und Schössen, weißem, langem Gilee mit großen Goldknöpfen, den Degen 
an der Seite und Schiffhut mit Goldquaste und Kokarde, da war ich gar arg schön,
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.