die Vaduzer damals so brav oder so arm waren, daß sie frei von der Polizeistunde
wurden. Bis etwa 1900 ging diese Zeit, in der die Vaduzer so lange in der Wirt-
schaft bleiben durften, als sie Geld oder Durst oder beides hatten.
1856 wurde das Gasthaus geschlossen — und die Regierung zog ein, die bis
(905 in dem Hause blieb, das heute Besitz Batliner ist. Im gleichen Jahre über-
nahm Küfermeister Franz Lampert die Schloßwirtschaft, die als eine Art Aus-
schank schon etwa ein halbes Jahrhundert bestanden hatte, und es beginnen die
„goldenen Zeiten“ der Zecher auf dem Schloß.
Ein seltsam-alter Brauch war die „Sankt-Anna-Kilbe“, Die Schloßkapelle ist
der Mutter Marias geweiht, und im Jahre 1511 wurde die St.-Anna-Bruderschaft
von Papst und Bischof gutgeheißen. Der Anna-Tag (26. Juli) wurde festlich ge-
feiert, und die damaligen Landesherren, die Grafen von Sulz, machten ihn zu
einem wahren Volksfeste. Vormittags war Festpredigt und Hochamt, und nach-
mittags kamen wohl alle Vaduzer mit Frauen und Kindern zum Schloß, lagerten
sich auf der Wiese und unter schattigen Bäumen und tranken den herrschaftlichen
Wein, den „Bocker“, Es war das große Vaduzer Fest! Kein Wunder, wenn es
manchmal etwas hoch herging. Kaplan Fetz schreibt, daß der Festplatz „zu
Unordnungen verleitet hatte“, und daß darum die Feier ins Dorf nach St. Florin
verlegt wurde.
Aber das Volk vergaß nicht so schnell, was mehr als drei Jahrhunderte Brauch
gewesen: Der Vorabend von St. Anna ist der Tag des Apostels Jakobus, und
solange die Schloß wirtschaft bestand, wurde der „Jakobisunntig“ dort genau so
gefeiert wie das alte Fest vorher. Kaum jemand fehlte aus dem Dorfe, und
weither kamen die Gäste, Bald gab es keine Gläser und Krüge mehr, und in
Kübeln holten die Väter für ihre Familien das edle Naß und der Schöpfer war
oft das Trinkglas. An diesem Tage gab es, als Festgebäck gewissermaßen, die
„Jakobi-Mekka“, Die Felder waren bestellt, man nannte den Tag auch, weil die
Hauen nun eine Weile ruhten, die „Haua-Henketi“. Es war ein bäuerlicher Fest-
und Ruhetag. Wie wäre es, wenn man wieder eine Form finden könnte, in welcher
der uralte Brauch der „St.-Anna-Kilbe“ oder des Jakobisonntags wieder auf-
erstünde?
Bethli Amann hat die frohe Genügsamkeit in einem Gedicht festgehalten:
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