Volltext: Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung im Fürstentum Liechtenstein

abhängig. Diese Tatsache bildete einen wesentlichen Angriffspunkt der im Jahre 1918 auch in Liechtenstein stark aufkommenden Reformbewegung. Das Umbruchjahr 1918, in dem in den umliegenden Ländern mächtige und alte Throne stürzten29, ging auch an Liechtenstein nicht spurlos vorbei. Grosse Teile der Bevölkerung hatten den Eindruck, das Land werde prak­ tisch von Osterreich aus regiert und forderten eine Mitwirkung des Volkes an der Regierung, einen Regierungschef, der gebürtiger Liechtensteiner sei, und dass alle Gerichte und Behörden ihren Sitz in Liechtenstein haben müssten.30 Die Devise lautete: «Liechtenstein den Liechtensteinern!» Als mit LGBl 1918 Nr. 4 vom 21.1.1918 die direkte Wahl der Abgeordneten über Parteilisten statt des bisherigen Wahlmännersystems eingeführt wurde, konnte die Reformbewegung zu einer wesentlichen politischen Kraft werden. In dem nach neuem Wahlrecht zusammengesetzten I andtag war sie in der Mehrheit PAPPERMANN" nennt die Ereignisse in der Landtagssitzung vom 7.11.1918 einen «wenn auch gemässigten - Putsch», andere bezeichneten sie als «Staatsstreich»32 oder «Revolution»33: Mit der Begründung, er habe als Österreicher nicht immer strengste Neutralität gewahrt, wurde gegen den amtierenden Landesverweser v. Imhof ein Misstrauensvotum einge­ bracht.34 «Mit 12 Stimmen gegen die 3 Stimmen der fürstlichen Abgeordne­ ten proklamierte man eine Regierung aus Liechtensteinern, einen sog. pro­ visorischen Vollzugsausschuss'.»35 Den Vorsitz führte Dr. Martin Ritter. Die weiteren Mitglieder waren Dr. Wilhelm Beck, Gründer der Volkspar­ tei, und Josef Marxer36. PAPPERMANN berichtet weiter: «Landesverwe­ ser v. Imhof sah diese Wahl als gesetzmässig an und erklärte seinen Rücktritt. Soweit ersichtlich, wird dieses Vorgehen des Landtags (und auch v. Imhofs) 29 Zur liechtensteinischen Verfassungsgeschichte, in: Verfassung des Fürstentums Liechten­ stein, 51. 30 PAPPERMANN, Regierung, 39. 31 PAPPERMANN, Regierung, 39; vgl. auch WILLE, Regierung, 80 ff.; STEGER, 38 f.; RATON, 117 ff.; GEIGER, Volksvertretung, 53; WILLE, Wahlrecht, 63. 32 VgJ. WILLE, Regierung, 82. 33 RATON, 119. 34 Das Protokoll der Landtagssitzung vom 7.11.1918 wurde nicht veröffentlicht und ist auch im Regierungsarchiv nicht zu finden; vgl. RATON, 119 Anm. 1. 35 PAPPERMANN, Regierung, 39; vgl. WILLE, Regierung, 81. 34 Nachdem Emil Batliner die Wahl abgelehnt hatte, wurde an seiner Stelle am 12.11.1918 Josef Marxer gewählt. WILLE, Regierung, 82. 281
	        

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