Volltext: Die parlamentarische Kontrolle über die Regierung im Fürstentum Liechtenstein

nicht bloss den Begriff «vorbringen», sondern ergänzte zu «vorgebracht oder überreicht». Dadurch hat er klargestellt, dass Petitionen aus der Bevöl­ kerung von Abgeordneten auch eingebracht werden können, wenn diese selbst nicht voll und ganz zu den gestellten Forderungen stehen können. Sie handeln dann als Treuhänder, als Kuriere, als Briefträger. Sie überreichen, ohne zum überreichten Gegenstand Stellung zu nehmen. Die Verfasser der Geschäftsordnung haben damit berücksichtigt, dass es angesichts der Kleinheit des Parlaments für manche Petenten schwierig sein würde, einen Abgeordneten hundertprozentig für ihr Anliegen zu gewinnen. Ihre Bitt­ schrift mag es aber wert sein, dass sich das Parlament, eine seiner Kommis­ sionen oder die Regierung mit den aufgeworfenen Fragen befassen. Auch wenn aus diesen Ausführungen hervorgeht, dass ein Abgeordne­ ter eine Petition ohne inhaltliche Identifikation einbringen kann, bleibt die Situation für die Petenten unbefriedigend, denn kein Parlamentarier ist ver­ pflichtet, ihre Bittschrift zu überbringen. Ein Blick in die Nachbarschaft zeigt, dass die formellen Bedingungen an eine Petition überall bewusst tief angesetzt wurden. Sie soll ja gerade ein formloses, einfach anzuwendendes und auch Minderheiten zugängliches Instrument sein. Die Geschäftsordnung des österreichischen Nationalrats verwendet ebenfalls den Ausdruck «überreicht»: «Eingaben an den Natio­ nalrat bilden nur dann einen Gegenstand der Verhandlung, wenn sie von einem Abgeordneten überreicht werden (Petitionen).»26 In der Bundesre­ publik Deutschland27 und in der Schweiz28 werden die Petitionen automa­ tisch an einen Petitionsausschuss verwiesen, ohne dass hiezu ein Plenums- beschluss erforderlich wäre. In keinem der umliegenden Staaten wird gefordert, es müsse ein Parlamentarier sich inhaltlich zur Bittschrift beken­ nen. Zur Aufwertung des Instrumentes der Petition empfiehlt es sich, auf Verfas- sungs- und Geschäftsordnungsebene ein neues Verfahren festzulegen: Peti­ tionen sind direkt beim Landtagspräsidenten einzureichen. Dieser leitet" sie weiter an eine ständige Petitionskommission oder, wenn es die Materie sinnvoll erscheinen lässt, an eine andere Kommission. Befugnisse, Bericht­ erstattung und allfällige Antragsrechte an den Gesamtlandtag sind in der 26 Art. 100 Abs. 1 Geschäftsordnung des österreichischen Nationalrates. 27 Art. 108-112 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages; Art. 17 und 45c GG; KOM­ MENTAR 1,1151 ff.; KOMMENTAR II, 393 ff. 28 Art. 40 Geschäftsreglement des Nationalrates; Art. 38 Geschäftsreglement des Stände­ rates. 128
	        

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