Volltext: Rudolf Schädler

Freiheit und Naturverbundenheit 
Zwei Ideale waren es, die mich seit frühe- 
ster Jugend entzündeten: Freiheit und Na- 
turverbundenheit. 
Ich danke dies vor allem meinem Vater, der 
mich schon mit 5 Jahren auf die Gams- und 
Spielhahnjagd mitnahm und mich auf die 
tausendfältigen Geheimnisse der Natur auf- 
merksam machte, wobei ich auch tief und 
nachhaltig den freien Odem des Hochgebir- 
ges einsog. Unbezähmbar wurde mein Frei- 
heits- und Naturverlangen, als man den Ver- 
such unternahm, mich «studieren» zu lassen 
und an das Gymnasium nach Feldkirch 
schickte. Jeder grauen Theorie abhold, zog 
ich es lieber vor, in den Wäldern herumzu- 
streifen oder im Fels den Gamspfaden nach 
zuspüren. Dabei erfüllte mich ein Hochge- 
fühl sondergleichen —entronnen der Schul- 
kaserne 5 mich ungezwungen dem Naturer- 
leben hingeben zu dürfen. Es wurde mir da- 
bei immer klarer, dass ich für einen bürger- 
lichen Beruf nichts taugte, wenn ich auch 
erst nach Irrwegen zu meinem eigentlichen 
Leben fand. 
Rudolf Schädler in: Schweizer Journal, August 1954 
Sonnensegen. 
Sonne! Gottgeweihtes Feuer. 
Sprühest deine heilgen Fluten 
Über alle Menschenerde. 
Blumen heben tauerfüllte 
Blütenkelche dir entgegen, 
Vöglein selig jubilierend 
Preisen deinen Strahlensegen 
Bienlein über goldne Haide 
Tragen deine Zauberkräfte, 
Falter auf der Blumenweide 
Nippen deine Nektarsäfte 
Und im dunklen Elfenhaine 
Blinken die verträumten Augen 
Frommen Waldtiers hell, im Scheine 
Deiner goldnen Feuerfunken 
Heilig, gottgesandtes Feuer! 
In die Hülle deines Lichtes 
Kleidest herrlich unsre Glieder 
Jubelnd spiegeln sonnenfrohe 
Körper deine Reinheit wieder. 
Menschenbrüder, Menschenschwestern! 
Freuderfüllten Mutes lasst uns 
Danken IHM dem Grenzenlosen, 
Guten Vater, der uns jenes 
Licht erschuf... 
Wollen gerne alles tragen 
Da wir ja die Sonne haben. 
31.3.1923 Rudolf Schädler 
Es gab eine Zeit, da wollte ich Schriftsteller 
werden. Ich habe Essays geschrieben und 
Novellen. Ich habe Gedichte gemacht, einige 
sind noch vorhanden, andere sind verloren 
gegangen, das meiste habe ich dem reini- 
genden Feuer übergeben. 
Zu meinem Gedicht vom März 1923 kann 
ich heute noch stehen. 
Rudolf Schädler 
23. Oktober 1988 
I
	        

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