Rhein und Rüfen
Der Binnenkanal, wie er heute besteht, ist aufgrund einer Volks-
abstimmung vom 14. Dezember 1930 mit 1469 Ja gegen 616 Nein in den
Jahren 1931-1943 bei grosser Arbeitslosigkeit als Notstandsarbeit vom
Land gebaut worden. Vorher mussten die Schäden des Rheineinbruches
vom 25. September 1927 einigermassen behoben werden, das heisst, die
Rheinlücken bei Schaan und Bendern geschlossen, die Eisenbahnbrücke
in Schaan sowie die Strassenbrücken über den Rhein gehoben und die
Rheinwuhre so verstärkt werden, dass sie einem Durchfluss bis 2800 m*
pro Sekunde standhalten konnten.
«Früher, als das Rheinbett noch tiefer in den angeschwemmten
Boden gesenkt war und den Hochwasseranschwellungen nicht die spätere
Bedeutung zukam, da fanden die Binnengewässer ihren leidlichen Abzug.
Mit der Hebung der Sohle und insbesondere mit dem Wachsen der Hoch-
wasserstände änderte sich das Bild: es machte sich bei wachsendem Rhein
ein immer mehr ausgedehnter Rückstau ins Land hinein geltend, dem man
teilweise durch Schleusen, die nach dem Abschwellen des Stromes wieder
geöffnet wurden, zu begegnen suchte. An manchen Orten verschlimmerten
sich die Verhältnisse derart, dass man die Mündungen fast den ganzen Som-
mer hindurch absperren musste, so dass die Binnengewässer Monate lang zu
einem förmlichen See stauten. Es lässt sich denken, dass da schliesslich die
Kulturen weiter Landstriche zu Grunde gingen und die Talbewohner in
solche Bedrängnis gerieten, die Abhilfe erheischte.» (Krapf S. 87).
in Triesen befanden sich bis 1944 drei Schleusen im Gebiet des
Heilos (Kolmatierungsschleusen für das Auflanden mit Schlamm hinter
dem Rheinwuhr) und in der Schliessa an der Vaduzer Grenze. Im Heilos
wurden zwei Schleusen bereits 1943 zugemauert.
Für einen das ganze Land entwässernden Binnenkanal wurden
seit 1889 Projekte ausgearbeitet. Mit Österreich mussten Verhandlun-
gen geführt werden, damit wenigstens der Parallelgraben über Bangs
hinaus geführt werden konnte, während man die im Binnenkanal aus
dem ganzen Lande gesammelten Binnengewässer (inklusive der Esche)
nahe der Landesgrenze unter Ruggell des drohenden Rückstaues wegen
in den Rhein leiten musste. Den Binnenkanal begann man gleichzeitig
von Balzers und von Ruggell aus zu bauen. Am 3. April 1943 machten
Fürst Franz Josef II. und Fürstin Gina den letzten Spatenstich beim
Trachterdamm in Triesen und leiteten den Balzner Mühlbach in den
neuen Kanal ein. Damit wurde das letzte Stück der liechtensteinischen
Talebene vom so oft verheerenden Rheinrückstau befreit. Die Gesamt-
ıusgaben für 24,5 km Binnenkanal, Spiersbach, Esche und Scheidgraben
veliefen sich bis Ende 1943 auf 4,5 Millionen Franken. Das Geld für den
Bau des Binnenkanals musste zu einem grossen Teil auf dem Anleiheweg
beschafft werden. Betrug doch das Staatsbudget 1930 nur 1 Million und
1943 erst 2,3 Millionen Franken.
Für die Gemeinde Triesen begann nun das Aufräumen. Das ge-
samte Gebiet von der Vaduzer Grenze aufwärts zwischen der Land
strasse und dem Rhein bis an die Balzner Grenze musste neu eingeteilt,
vermessen und ein neues Flurwegnetz gebaut werden. Dazu wurde der
sog. Sevelerdamm vom Sandhüslerweg abwärts zur Schliessa ahgetra-
gen.
Die Arbeiten am Binnenkanal und das Neugestalten des Gebietes
zwischen Landstrasse und Rhein brachten in den Zeiten der grossen
Arbeitslosigkeit ab 1930 bis 1945 willkommene Verdienstmöglichkeit.
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