Rhein und Rüfen
Der Streit der Rheingemeinden mit den Nicht-Rheingemeinden
wegen Beteiligung an den Kosten wurde damit ebenfalls beigelegt und
alte Vereinbarungen als abgetan gesehen. Die Bewirtschaftung der
Rheinauen unterstand der direkten Aufsicht des Forstamtes (Erlenholz
aus den Auen dienten zum Faschinenbau bei Wassereinbrüchen, Neuer-
stellen von Wuhren wurde zum letzten Mal 1927 bis nach Balzers hinauf
zur Schliessung der Rheinwuhrlücke in Schaan angefordert).
Das Erstellen der Zufahrtswege zu den Korrektionsarbeiten am
Rhein verblieb Sache der Gemeinde. Art. 137 des Landesverwaltungs-
oflegegesetzes von 1922 besagt:
«(1) Bei Landesnöten (Rhein-, Feuers- oder Rüfenot) ist, abgesehen
yon den sonst in diesem Gesetze oder in Sondervorschriften als zulässig
orklärten Massnahmen, jeder nach Aufforderung durch den Regierungs-
chef, den Ortsvorsteher, einen Gemeinderat, durch die rhein-, feuer- oder
wüfepolizeilichen Organe, bei sonstiger Bestrafung wegen Ungehorsams
‘Art. 112) zur gemeinsamen Hilfe, zu Hand- und Spanndiensten und zur
Abwehr verpflichtet (Nothilfe); ebenso sind die Gemeinden gehalten, ein-
ander Hilfe zu leisten.
2) Zur zweckdienlichen Bekämpfung derartiger Gemeingefahren
ind die zuständigen Amtspersonen und, wenn solche nicht zur Stelle sind,
st jede Amtsperson und Privatperson befugt, alle erforderlichen Massnah-
nen anzuwenden und es können zu diesem Zwecke persönliche und säch-
che Leistungen (Fuhrwerke usw.) gütlich oder gewaltsam angefordert
'requiriert) werden.»
Das Wuhrwesen in alter Zeit
Wann die ersten Uferschutzwerke am Rhein errichtet worden
sind, weiss man nicht. Seit dem 11. Jahrhundert wissen wir von Wuhren
und Dämmen am Rhein und von ersten Verbauungen im Zusammen-
ı1ang mit den ersten aus Urkunden bekannten Überschwemmungen des
Rheines. In Triesen vernehmen wir von solchen Schutzbauten aus
Anlass der vielen Wuhrstreite mit den Anliegern auf der linken Rhein-
seite, und zwar urkundlich zurückgehend bis 1439 bekannt.
In alter Zeit erwehrte man sich des Rheins mit Wuhren. Unter
Wuhren sind aber nicht Dämme zu verstehen, wie man sie heute besitzt.
Vor dem 19. Jahrhundert kannte man Dämme noch kaum. Wie bereits
angeführt, war es Landvogt Schuppler, der die Oberländer Gemeinden
1809 aufrief, nach den ersten bestehenden Versuchen in Ruggell und
Balzers anstelle der Wuhre Dämme zu bauen.
Der Rhein war vor dieser Zeit noch tiefer im Talgrunde eingebet-
ee und der Spiegel des Hochwassers konnte sich nie hoch über die Sohle
srheben.
Das Hauptaugenmerk musste man also früher auf die Wuhre rich-
en. Sie bestanden in vereinzelten Bauwerken, mit denen man sich stets
aur an der augenblicklich gefahrdrohenden Stelle zu schützen suchte. Es
gab «Streichwuhre», gleichlaufend mit der Flussrichtung, «Wuhr-
öpfe», schief gestellte Werke, welche die Stromrichtung vom Ufer ab-
lenken sollten und welche dann wohl auch zu den berüchtigten «Wurf-
wuhren», auch «Buck- oder Schupfwuhre» genannt, ausgestaltet wur-
den, wenn man ihnen eine solche Länge und Stärke verlieh, dass sie die
volle Strömung an das andere Ufer zu werfen imstande waren,