Armut, Kriege und Notzeiten
Tatsächlich sind in liechtensteinischen Archiven heute praktisch
keine Akten aus der Hexenzeit mehr vorhanden. Aus den Protokoll-
üchern sind sie herausgerissen, vernichtet.
Was an Urkundenmaterial aus dieser Zeit vorhanden ist, liegt im
Ausland.
Die Landammänner waren die Vorsitzenden des Kriminalgerich-
tes. Aus dem 17. Jahrhundert - dem Höhepunkt der Hexenprozesse -
finden wir nur zwei Landammänner aus Triesen vor. Wer dem Vaduzer
Gericht (jeweils zeitlebens) aus Triesen angehörte, ist nicht bekannt.
Todesurteile für Personen aus Triesen sind 19 bekannt. Die Namen die-
ser Hingerichteten und die Namen vieler anderer auf dem Schloss zu
Vaduz Gefolterter stehen im Gutachten der Universität Salzburg von
1682 über die letzten Hexenprozesse und in den Akten des Fürstabtes
Aupert von Bodmann, Kempten, die in München aufbewahrt waren.
Der Galgen der Grafschaft Vaduz stand in Triesen, westlich des
herrschaftlichen Meierhofes, nahe an der Reichsstrasse und der Grenze
zegen Vaduz hin. Der Galgen war das Wahrzeichen der hohen Gerichts-
varkeit, deren Verleihung mit der Erklärung der Reichsunmittelbarkeit
‘Landeshoheit) 1396 für die damalige Grafschaft Vaduz durch König
Wenzel von Böhmen erfolgt war.
Hier wurde gerichtet (enthauptet, gehängt, gerädert und ver-
>rannt). Man bediente sich dazu eines auswärtigen Scharfrichters (mei-
stens von Hohenems kommend), später versah das Henkeramt ein
Mann, der zugleich Abdecker (Schinder) und Nachrichter war.
Pfarrer Valentin von Kriss (in Triesen 1664-1692) wird mit der
Beendigung der Hexenverfolgung in Verbindung gebracht. Der Chro-
aist Peter Kaiser bringt die damit in Verbindung stehende Sage sowie
auch jene der «Tobelhocker» in folgender Darstellung (JBL 1957
5.144 ff): «Das Gericht glaubte allen Angaben der Denunzianten, und
diese waren es, die eigentlich ihre Mitmenschen unmittelbar ins Verderben
stürzten. Es kann nicht Geldgier gewesen sein, denn sie erhielten keinen
Lohn. Neid und Hass tobten sich aus und wohl auch der Glaube an das
Hexenwesen überhaupt. Man glaubte, dass eine Art Gemeinschaft der
Angeber bestehe, und nannte sie die «Brenner», Der Chronist schreibt
weiter: «Die Volkssage übte auch eine eigene Justiz gegen die Brenner,
welche, nicht gut genug zur Hölle, in ein finsteres Tobel, da, wo man zur
Alp Lawena geht, gebannt sind, und dort sitzen sie an steinernen Tischen
stumm und starr, denn ihr Herz war auch hart wie Stein und unerbittlich,
und ihr Lügenmund ist geschlossen immerdar. Das Volk nennt sie Tobel
hocker.»
Wir wissen, welchen Unfrieden zu Zeiten unserer Vorfahren diese
Sage gestiftet hat, an deren Wahrheit noch manche Leute eine Genera-
:jon vor uns geglaubt haben. Dass die Sage alt ist, kann urkundlich nach-
gewiesen werden. In den Verhörprotokollen wird 1684 eine Verhand-
ung angeführt, wonach ein Mann einem anderen vorgeworfen hatte,
sein Vater seı im Tobel.
Beim Galgen
JBL 1962)
Im Mittelalter war es ein Recht des Kaisers, die hohe Gerichtsbar-
zeit — das Recht, über Leben und Tod zu richten - einem Landesherrn zu
‚erleihen. Das äussere Zeichen dafür war das «Hochgericht». Auf der
Affe