Armut, Kriege und Notzeiten
der furchtbare Erfolg jenes Begehrens der Gerichtsleute und Geschwo-
renen aus dem Jahre 1647 an den Grafen, härter gegen die «Hexen»
durch die Gerichte vorgehen zu dürfen. Die nachfolgenden Angaben
und Schilderungen sind Otto Seger in JBL 1957/1959 entnommen:
Welch ungeheure Zahl aber sind dreihundert Todesopfer in einem
so kleinen Lande! Vergleichen wir einmal mit der Bevölkerungszahl:
Aus dem Jahre 1699 ist ein Verzeichnis der männlichen wehrfähigen Un-
tertanen der Herrschaft Schellenberg (also alle Männer und Jün linge
über 16 Jahre) erhalten, das 240 Namen umfasst, ein gleiches besteht aus
der Grafschaft Vaduz für das Jahr 1712, und es enthält 585 Namen. Es
gab also 825 männliche Bewohner über 16 Jahre und etwa ebensoviel
weibliche. Somit kommen wir auf 1650 Einwohner über 16 Jahre, und
da Jüngere kaum hingerichtet wurden, sind die Opfer aus dieser Zeit von
1650 Männern und Frauen entnommen. Wenn auch aus drei, in einem
Falle sogar aus vier, Generationen Hinrichtungen vorkommen, so sind
doch die 33 Jahre der Prozesse mit Todesurteilen nicht viel mehr als das
Alter einer Generation.
Wohnort
Beschuldigte
1677-1680
davon
Todesurteile
1679/1680
Todesurteile
in früheren
Prozessen
(Verwandte der
Angeklagten
70n 1677-1680)
Schaan
Triesenberg
Triesen
Ruggell
Vaduz
Mauren
Eschen
Planken
Balzers
Es muss betont werden, dass es sich hier nicht um eine vollstän-
dige Aufstellung handeln kann (es gab ja gegen 300 Todesurteile, aber
doch um Hinweise auf die Verteilung der Opfer in den einzelnen
Gemeinden. Die grosse Überraschung ıst Schaan, das ın der Zahl der
Prozesse wie der Todesopfer weitaus an der Spitze steht. Die Tobelhok-
kersage ist in Triesenberg und Triesen beheimatet und man nahm daher
an, dass in diesen beiden Dörfern die meisten Opfer gebracht wurden.
Nun zeigt sich aus den Zahlen, dass Schaan der Hauptort des Wütens
gewesen ıst. Dort sind auch die Opfer aus den Kreisen einzelner Fami-
Hien am grössten. Zwei Gemeinden (Schellenberg und Bendern-Gam-
prin) sind ohne Angeklagte und Opfer. Wenn wir bedenken, dass allein
ın den Prozessen der beiden letzten Jahre und unter den Angehörigen
dieser Beschuldigten über 130 Opfer genannt werden, dann erscheint
uns die Zahl von 300 Verbrannten nicht nur möglich, sondern durchaus
wahrscheinlich und glaubhaft.
1679/1680 wird gegen 48 Personen der Prozess geführt. 44 davon
erlitten den Martertod (26 Männer und 18 Frauen). Die Männer waren
im Hinblick auf die Konfiskationsgelder «lohnender» wie die Frauen.
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