Armut, Kriege und Notzeiten
benachbarte Schweiz. Der Kreishauptmann Ignaz Indermaur, der des Ver-
rats wegen der Übergabe von Bregenz beschuldigt wird, samt etlichen
Oberbeamten, ist entwischt, wurde aber zu Bludenz angehalten und grau-
sam totgeschlagen. Der Landvogt von Vaduz ist auch in die Schweiz
geflüchtet mit dem Landschreiber, mit Weib und Kind. Indess streiften die
Franzosen bis Götzis und trieben Kontributionen ein. Landammann und
Richter ab dem Eschnerberg nahmen die Landfahne und gingen dann auf
Nendeln, um alldort, wenn die Franzosen kämen, ihnen zu verkünden,
dass sie im Frieden mit Frankreich wären, wie auch der schwäbische Kreis,»
Doch erholte sich der Vorarlberger Landsturm von der Überra-
schung und hinderte 1796 das weitere Vordringen in Vorarlberg, womit
auch Liechtenstein verschont blieb. Die Franzosen verliessen die
Gegend am Bodensee.
Helbert berichtet dazu in seiner Chronik, dass 1796 eine seltsame
Witterung war, und Hagel und Sturmwind Bäume, Obst und Korn zer-
störten. «Zu dem allem kamen die Kriegsfuhren, die Einquartierungen, die
Schanzarbeiten und drohte ein Viehpresten, den die ungarischen Ochsen
nach Vorarlberg gebracht, und der sich auch in unser Land einschlich;
bereits hatte er Ruggell ergriffen. Am 21. November kamen wiederum
Kaiserliche, zogen aber nach 14 Tagen ab.»
Der Einfall der Franzosen 1799 und 1800
In unserem Lande war grosse Teuerung, besonders 1797. Viel
unfruchtbares Land (Rheinauenböden) wurde aufgebrochen und zu Fel-
dern gemacht. An der Luziensteig wurden Verschanzungen aufgewor-
fen; dıe Einquartierungen, Requisitionen an Heu, Hafer und Stroh, die
Schanzarbeiten und Kriegsfuhren wollten kein Ende nehmen und
brachten den Landmann fast in Verzweiflung. Im Herbst 1798 rückten
die Franzosen in unsere Nähe, besetzten das linke Rheinufer von Ragaz
bis zum Bodensee, Sie nahmen alle Schiffe aus dem Rhein und erhielten
immer frischen Zuzug aus der Schweiz. Die Österreicher hielten das
rechte Ufer besetzt; sie lagen in Bünden, Liechtenstein und Vorarlberg,
Graubünden hatte sich geweigert, der Einladung Frankreichs
zum Anschlusse an die neue helvetische Republik zu folgen. Ein Einfall
der in der Schweiz stehenden französischen Armee stand bevor. Des-
halb war am 17. Oktober 1798 zu Chur mit dem österr. General Auffen-
berg eine Übereinkunft getroffen worden, gemäss welcher Graubünden
von österreichischen Truppen besetzt wurde. Zwei Tage später rückten
10 Bataillone Österreicher in Bünden ein und besetzten die Luziensteig.
Gleichzeitig kamen die Franzosen in die nächste Nähe und besetzten das
linke Rheinufer von Ragaz bis zum Bodensee. Die österreichische
Armee in Bünden erhielt ihre Zufuhr von Vorarlberg her. Die Vorarlber
ger Fuhrleute brachten dieselbe bis Vaduz; von da bis zur Luziensteig
mussten die hiesigen Fuhrleute den Transport übernehmen. An der gan-
zen diesseitigen Rheinlinie vom Bodensee bis Chur standen österrei-
chische Wachtposten.
{m Frühling des folgenden Jahres (1799) fand der Einfall der Fran-
zosen statt. General Massena, Befehlshaber einer Armee, die 38 000
Mann stark war, langte nach Unterwerfung der Schweiz in der Nacht
vom 5. auf den 6. März in Azmoos — Balzers gegenüber — an.