Armut, Kriege und Notzeiten
die Leute ihre beste Habe dorthin geflüchtet hatten, so auch der Graf
von Hohenems. Dann zogen sie weiter herauf und fanden Feldkirch
vollkommen verlassen. Auch die Dorfleute waren geflohen, ebenso
auch in unseren Landschaften. Die Not und das Elend waren unbe-
schreiblich. In einer Schrift aus jener Zeit wird erzählt, dass von äusser-
ster Not getrieben damals einige Familien aus Triesen in evangelische
Orte auswanderten, wo sie zwar besseren Lebensunterhalt fanden, aber
um ihren Glauben kamen.
Auch die Drei Bünde (Graubünden) hatten sich mit den Schwe-
den geeinigt, so dass diese nicht weiter als bis Gutenberg vordrangen.
Während die Schweden in Bregenz pro Haushalt 18 fl Brandschatzung
einzogen, verlangten sie hier 8000 Taler, die mit grösster Not durch die
Landschaften aufgetrieben und damit die Schweden von Plünderung
und Brandschatzung abgehalten wurden. Zudem musste der Graf dem
schwedischen Hauptmann noch 500 fl Trinkgeld übergeben, die er bei
Privaten entlehnte. Die Schwedenschuld musste von der Landschaft
getragen werden, die sie auf die Gemeinden umlegte. Wie man um 1800
zur Franzosenzeit von den Gemeinden neue Abgaben und Lasten zu
übernehmen forderte, wandten die Triesner ein, sıe hätten die Schwe-
denschulden noch nicht bezahlt. 8000 Taler stellten den Gegenwert von
ca. 250 Kühen dar. KB (S. 444) berichtet über die Not jener Zeit:
«Die Landschaft Vaduz und Schellenberg waren gänzlich verarmt.
Die letzten Jahre waren wenig fruchtbar gewesen und brachten kaum das
zum Leben Notwendige. Der Schwedeneinfall vollendete das Elend. Kein
Geld war zu sehen. Vielen wurde das Leben zur Last und den Tod hielt
man für eine Gnade des Himmels. Die Not war schrecklich. Den Kindern
musste man die Milch entziehen, den Hausrat verkaufen, um den Hunger
zu stillen, oder die Blössen zu decken. Überall blasse und abgezehrte
Gestalten. Es war ein geringer Trost, dass die kleine Mannschaft aus diesem
Ländchen im letzten Schwedeneinfall und auch früher sich tapfer gehalten.
Der Landeshauptmann Büchel von Balzers erhielt von dem Erzherzog Fer-
dinand Karl zu Innsbruck 300 fl. zum Geschenk «wegen des standhaften
Mütes; den er im Schwedeneinfall bewiesen, und wegen der Kühnheit, mit
welcher er früher zum Schaden des Feindes ein Tagdschiff in die Festung Lin-
dau gerettet». Der Erzherzog überliess ihm überdies noch einen zur Vogtei
Gutenberg gehörigen Baumgarten für 750 fl. unverzinslich, welcher der
Graf Franz Wilhelm von allen Steuern und Gemeindebeschwerden be-
freite.»
Wenn hier von Mannschaft die Rede ist, so ist das nicht Reichsmi-
litär, sondern es sind die waffenfähigen Männer aus dem Volke, die abeı
nur zur Verteidigung des eigenen Landes aufgerufen werden konnten.
Aufrufen konnte sie der Landammann und nıcht der Landesherr. Zum
Reichsmilitär hatte der Graf die Leute zu stellen. Er kaufte sich von die-
ser Verpflichtung (die in alter Zeit lediglich Ausrüstung für 4% Mann
verlangte) jeweils los. Erst zur Franzosenzeit wurden die Ansprüche des
Reiches grösser, und es musste ein grösseres Kontingent zur Reichswehr
gestellt werden. Die Landwehr blieb daneben bestehen.
Von Plagereien vernehmen wir auch aus der Zeit des spanischen
Erbfolgekrieges (1700-1714). Das Kriegskommissariat in Bregenz
bezeugt 1706 den Herrschaften Vaduz und Schellenberg, dass dieselben
im Jahre 1696 (im Kriege Deutschland gegen Frankreich), als 6 kaiser-
liche Regimenter aus Italien durch Graubünden und die genannten
Herrschaften ins Reich marschierten, an etappenmässiger Verpflegung
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