\rmut, Kriege und Notzeiten
Im Oktober 1623 ziehen neuerlich Truppen durch unser Land,
zın spanisches und drei italienische Regimenter mit 6000 Mann und Rei-
;erschwadronen von 5000 Mann, auf den Kriegsschauplatz des Dreis-
sigjährigen Krieges.
Kaum war zwischen Österreich und Bünden einigermassen ein
Friede zustande gekommen, geriet das Passland Graubünden erneut in
die Interessensphäre der Weltpolitik. Frankreich wollte nicht untätig der
Vormachtstellung Österreichs im Bereiche der Alpenpässe zusehen und
offerierte 1624 den Bündnern, sie von den Österreichern zu befreien.
Diese waren infolge des 30jährigen Krieges anders gebunden und gaben
Bünden frei. Der Krieg mit den Bündnern soll sie 3 Millionen Gulden
gekostet haben, Gutenberg allein 19365 Gulden, was einer durch-
schnittlichen Besatzung von etwa 150 Mann entsprach.
Schon am 28. Oktober 1624 rückten französische Truppen in
Graubünden ein, und an der Luziensteig wurden Schanzen aufgerichtet.
Neben den Franzosen lagen Zürcher, Berner und Bündner Truppen an
der Steig. Bei den Österreichern und bei uns wuchs die Angst, neuerlich
.n einen Krieg verwickelt zu werden. Denn auf dem Schloss zu Vaduz
sollen noch im Jahre 1628 300 Mann in Bereitschaft gestanden sein.
1629 wurde zu einem neuen Schreckensjahr: In nie gesehenem
Ausmasse zogen Truppen durch, und in ihrem Gefolge kam die Pest ins
Land. Österreich und Frankreich waren wegen der Erbfolge um das
“Herzogtum Mantua in Krieg geraten, und kaiserliche Regimenter zogen
über die Bündner Pässe nach Süden auf den italienischen Kriegsschau-
platz. Gutenberg war Ausgangspunkt des Aufmarsches.
Am 28. Mai wurde Chur besetzt, und in wenigen Tagen waren die
Pässe in der Hand der Kaiserlichen, die sofort an verschiedenen Stellen
Schanzen aufwarfen.
Zum dritten Male war Graubünden besetzt, und diesmal ging der
ganze grosse Aufmarsch durch unser Land. In der ersten Welle zogen elf
Schwadronen mit tausend Reitern und zehntausend Mann zu Fuss
durch unser Land.
«War wohl ein angenehmes und darneben entsetzliches Spektakel, so
viel über 18 000 gerechnete, wohl mundierte Generalen, Obristen, Offi-
zier und Soldaten in ihrer Rüstung, Wehr und Waffen anzusehen» und der
Chronist stellt fest, dass die «kaiserlichen Völker in schöner Ordnung,
Iruppen- oder auch regimenterweise passiert sind». Fortunat von Juvalta
nennt es «das schönste kaiserliche Heer» und Ulysses von Salis-Mar-
schlins, entschiedener Parteigänger und Marschall Frankreichs, rühmt
sogar: «... es zog täglich ein Regiment durch, das, 4000 Mann stark, stets
ausserhalb der Ortschaften kampbierte, in so trefflicher Manneszucht, dass
man nıe eine Klage hörte.»
Was von den durchmarschierenden Truppen gesagt werden
konnte, galt nicht für die einquartierten. Im Juni wurde eine Reiterkom-
panie nach Vaduz verlegt. Der Oberst und Kriegsrat Wolf Rudolf Ossa
von Dahl begründete die Massnahme damit, dass in Graubünden für die
Pferde kein Gras mehr zu bekommen sei. Die Untertanen in Vaduz hät-
zen ohnehin ihren Hausrat auf Schloss Vaduz gebracht und ihr Vieh auf
die Alpen getrieben, dem Grafen würden für die Lieferungen Abzüge an
seinen Abgaben gewährt, die er an die Kriegskasse zu entrichten habe, es
sei also nichts zu befürchten. Graf Kaspar suchte die Einquartierung
ıbzuwenden und lud General Gallas zu sich, ohne Erfolg, und bald dar-