Armut, Kriege und Notzeiten
zurück, und diese mussten für das Wiederbringen reichen Lohn zahlen
ınd eine Kuh verehren, die anderen Gemeinden erhielten nichts.
Graf Kaspar von Hohenems klagt schriftlich bei den Drei Bünden
und betont seine neutrale Haltung gegen die Bündner und besonders
gegen die aufständischen Prättigauer. «Nichts destoweniger aber, auch wi-
der gegebenes Wort, Treu, Glauben und Brief, dass zwischen uns die alte
Nachbarschaft gehalten werde, der Püntner Kriegsvolk, darunter sonder-
bar Hauptleut, Befehlshaber und Gemeine aus der Herrschaft Maienfeld
gewest, von der Steig ab in unsere beiden Flecken Balzers und Mels gefal-
len, selbige plündernd und was ihnen allda gefallen, samt Ross und Vieh ab
dem Feld gewalttätigerweis hinweggeführt, hernach in unserer Untertan
von Trisen Alp gestiegen, letztlich aber in unserer Untertanen von Schaan
Alpen eingefallen, das Vieh allesamt daselbst, auf viel tausend Gulden
Wert, hinweggetrieben, die Hirten dabei feindlich traktiert und einen dar-
aus zu Tod geschossen.» Er verlangt energisch Entschädigung, aber die
Antwort der Bünde weist ıhn mit Ausflüchten ab, weil «das meiste, was
sıch in diesem Fall verloffen nicht auf Befehl der ordentlichen Obrigkeit
geschehen und wir nicht genugsam wissen können, wer dessen Ursach sein
möge, auch jetzunder mit anderen Geschäften beladen, also diesen nachzu:
setzen nicht möglich sei». Aus der Triesner Alpe Lawena holten die Bünd-
ner 40 Viertel Schmalz, das Pfund zu 6 Bazen = 52 fl 7 Bazen 22 Kreuzer.
1 Viertel ist 13 Pfund.
£ine weitere Nachricht besagt, dass die «an der Feldkircher Strasse
liegenden Dörfer» unseres Landes geplündert wurden. Die Österreicher
sahen es als eine Herausforderung an, und zwei Monate nach der Räu-
mung Graubündens beginnt ihr neuer Angriff.
Der in diesen Bündner Wirren oft genannte österreichische Heer
führer Graf Alwig von Sulz ist der Sohn des letzten Grafen Rudolf von
Sulz, der 1613 das Land an die Grafen von Hohenems verkaufte. Er war
ein Schwager des Grafen von Hohenems.
Dieser Graf von Sulz rückte nun mit 6 Kompanien aus dem Elsass
nach Vorarlberg, sammelte hier ein Heer und nahm auch die Besatzung
von Gutenberg mit. Feldkirch, die Schanzen bei Tisıs, Vaduz und
Gutenberg wurden nur mit dem Landvolk aus Vorarlberg und Vaduz
besetzt, weil dieses nicht verpflichtet werden konnte, im Ausland einge-
setzt zu werden. Der Heerhaufen des Grafen von Sulz war ein Söldner
heer.
Schon am 7. September 1622 besetzt Alwig von Sulz Maienfeld,
und am 30, September zieht er in Chur ein. Freund und Feind litten in
dieser Zeit entsetzlich unter Not und Krankheit. Als Baldiron mit sei-
nem österreichischen Regiment am 22. Dezember Chur verliess, war es
von 4000 Mann auf 450 zusammengeschmolzen, das burgundisch-
wattenwilische zählte statt 12 Kompanien nur mehr fünf. Die Usterrei
cher zogen die meisten Truppen ab, darunter auch das sulzische Regı-
ment, der Graf aber blieb in Chur. .
Fortunat Sprecher schreibt zu diesen Zeiten: «Was im unteren
Engadin den Krieg überlebt hatte, fiel zum grossen Teil der Seuche zum
Opfer. Das nämliche war im Prättigau und anderswo der Fall.»
Am 2. Mai 1623 schwören die acht Gerichte bei Castels, von Solda-
ten umringt. Ihre Sprecher behielten sich Konfession und Gewissensfreiheit
vor, «und es versprach Graf Sulz in guter Treue, dass man sie ın dieser Hin-
sicht in keiner Weise beunruhigen werde».
A