Armut, Kriege und Notzeiten
als Opfer des Krieges anzusehen waren, für die jedoch keine Ausnahme
zemacht wurde. Darunter fielen Konvertiten, Sieche, Waldbrüder, italie-
nische angebliche Geistliche, abgedankte Offiziere, Offiziersfrauen und
Töchter, abgedankte Dienstleute, reisende Jäger, Spielleute usw.» Man
sollte nur mehr einheimischen und ihnen bekannten Personen «Pässe»
ausstellen oder Fremden, die sich genügend ausweisen konnten. Die
liechtensteinische Regierung verbot sogar, überhaupt einen Bettler über
Nacht zu halten, was natürlich nicht ging. Es gab Schwierigkeiten.
Das Liechtensteinische Oberamt setzte die sogenannten Kontin-
zentsoldaten zur Bekämpfung des Bettlerwesens ein. Diese hatten damit
ıngefähr die Funktion der heutigen Polizei. Sie verrichteten den Dienst
schlecht. Sie sollten auch die Ernte schützen (Feldwache).
«Aller Orten werde gezwackt, gestohlen und alles verdorben. Es
kam so weit, dass man den Soldaten 1/3 der Strafgelder als Extra-Beloh-
“ung versprach, wenn sie auch Vorgesetzte und Geschworene anzeigen, die
ıhre Pflicht nicht erfüllen. Je länger der Krieg dauerte, desto schwieriger
wurde die Aufgabe der Kontingentsoldaten. Besonders 1798 und 1799 —
die Franzosen kamen immer näher —flüchteten Deserteure und besonders
Schweizer in Scharen nach Liechtenstein und Vorarlberg, um sich dem
Militärdienst im französischen Heere zu entziehen.»
Interessant ist die Entlöhnung, die ab 1802 ein solcher Kontin-
gentsoldat für seinen Dienst als Wache bei der Bekämpfung des Gesin-
delwesens erhielt:
«Ein gemeiner Soldat erhielt eine monatliche Löhnung von 3 Gul-
den und 10 Kreuzern. Zur Beschaffung des Brotes täglich 8 Kreuzer, für
Quartierkosten 2 Kreuzer.
Hierfür musste der Soldat jeden dritten Tag 24 Stunden Wach- und
Polizeidienst leisten. Die anderen zwei Tage hatte er zu seiner freien Ver-
fügung. Sonderdienst während dieser Zeit wurde für 24 Stunden mit
20 Kreuzern entlöhnt. Für die Streifzüge auf dem Land erhielt «der gemeine
Mann» 24 Kreuzer und der Unteroffizier 36 Kreuzer zusätzlich, bei Trans-
borten von Bettlern, Vaganten usw. zu den Grenzen der Soldat für eine
Wegstunde 15 Kreuzer, ohne Weozehrung und Bezahlung des Heimweges.»
Die Übernahme der Vaganten, die mit Laufzetteln (Pässen) ver-
sehen. waren, erfolgte bei den Schiffähren, an der Luziensteig und ın
Tisıs bzw. Schaanwald.,
m März 1802 war man grossenteils von den ausländischen Bett-
lern befreit. Besonders froh musste Triesen sein; denn hier hatte man sie
notfalls einquartiert und die «Siechen» (Kranken) untergebracht. In der
Folge gab es zwar immer wieder auswärtige Leute, die hier bettelten.
Die Bevölkerung war ihnen durchwegs nie hart gesinnt. Doch verwies
sie die Behörde, wenn sie solcher habhaft wurde, stets des Landes. Wer
ür sich selbst sammeln oder betteln wollte oder dies für ausländische
[nstitutionen tat, musste eine Bewilligung der Regierung einholen und
nuss es heute noch.
Auch Leute aus Liechtenstein konnten in den Verdacht kommen,
sich ausser Landes dem unerlaubten Betteln hingegeben zu haben. So
neisst es in einem Berichte des Badischen Amtes an das Oberamt in
Vaduz aus dem Jahre 1816, dass viele Personen «Weiber und Kinder aus
der dortigen Gerichtsbarkeit in die hiesige Gegend kommen, und unter
dem Vorwand, Arbeit zu suchen, sich einzig mit Betteln und Abren sam-
meln aboeben: zu dieser Zeit vermehren sich die Geld- und Hausdiebstähle
AM