Armut, Kriege und Notzeiten
1869 kam das Armengesetz zustande, das in seinen Grundzügen
bis zur Schaffung des Sozialhilfegesetzes 1966 die Armenfürsorge
regelte. Die Behandlung im Landtage 1869 gibt einen Einblick in die
damaligen Armenverhältnisse (siehe JBL 1901). Das Armengesetz ging
von der Anschauung aus, dass zur Versorgung der Armen Gemeinde-
armenhäuser zu errichten seien. Der Bettel, unter was immer für einer
Form, wird im ganzen Lande verboten. Die gesetzliche Armenunter-
stützung wird zunächst den Verwandten in auf- und absteigender Linie
nach den Bestimmungen des allgem. bürgerl. Gesetzbuches und dann
der Heimatgemeinde zur Pflicht gemacht. Die Gemeinde hat die Mittel
der Armenunterstützung aus den Zinsen der Lokalarmenfonds zu
vestreiten, aus allfälligen Rückerstattungen oder Schenkungen, aus den
Beiträgen des Landesarmenfonds und restlich aus Steuerumlagen. Die
Höhe der jährlichen Unterstützungen aus dem Landesarmenfonds
vestimmt der Landtag. Ausser dem bereits im Jahre 1845 gesetzlich
jestimmten Anteil an den Abhandlungstaxen erhält der landschäftliche
Armenfonds seine Zuschüsse aus allen Geldstrafen, welche nicht gesetz-
ich anderen Zwecken dienen und aus den Heiratstaxen.
Innerhalb weniger Jahre entstanden 5 Gemeindearmenhäuser
"Iriesen 1872). Die übrigen Gemeinden behalfen sich damit, dass sie
hre Armen entweder in die bestehenden Armenhäuser in Pflege gaben
oder in der Gemeinde selbst unterbrachten und unterstützten. Das
inanzielle Gedeihen der Armenhäuser gestaltet sich einerseits infolge
rationeller Okonomiebetriebe, anderseits infolge der Aufnahme von
Meglingen aus fremden Gemeinden nicht ungünstig. Die bessere Ord-
ung, die durch diese Organisation der Armenpflege zustande kam und
der allmählich steigende Wohlstand liessen den Hausbettel bald ganz
verschwinden. Seit annähernd 5 Jahrzehnten wird der Haus- oder Stras-
senbettel von Einheimischen gar nicht mehr getrieben.
Das Sozialhilfegesetz vom 10. Dezember 1965 löste das Armen-
zesetz aus dem Jahre 1869 ab. Es bringt Vorschriften für Landes- und
Gemeindebehörden über die Handhabe der gesamten Wohlfahrtspflege
und umschreibt Zweck und Geltungsbereich in den Art. 1 und 2 dessel-
Jen:
Art. 1
1) Das vorliegende Gesetz bezweckt die Gewährleistung einer
wirksamen Sozialhilfe durch die Fürsorge und die Wohlfahrtspflege.
2) Die Fürsorge erfolgt in den Formen der wirtschaftlichen und
der persönlichen Hilelektung,
3) Die Wohlfahrtspflege umfasst die Vorsorge und die Massnah-
men zur Förderung einer wirksamen Sozialarbeit sowie der Koordina-
tion der privaten und öffentlichen Fürsorgeeinrichtungen.
Art. 2
„ 1) Die wirtschaftliche Fürsorge erstreckt sich auf die Bedürftigen,
die sich im Lande aufhalten oder deren Unterstützung nach gesetzlichen
Vorschriften oder Staatsverträgen dem Lande Liechtenstein obliegt. Sie
hat den Bedürftigen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen.
2) Die persönliche Fürsorge umfasst insbesondere die Familien-
fürsorge und die persönliche Hilfeleistung für Bedürftige, Alkohol-