Unser Land
Die Gratenzeit bis 1699 (1712)
Die alte Grafschaft
Kaiser Karl der Grosse (768-811) besass um das Jahr 800 ein euro-
päisches Reich von grösster Ausdehnung. Sollte ihm dieses Reich als ein
festes Ganzes erhalten bleiben, so war es notwendig, eine gute Ordnung
und übersichtliche Verwaltung zu schaffen. Zu diesem Zwecke teilte er
sein mächtiges Reich in grosse Verwaltungsbezirke ein (Gauverfassung
806). Dabei ist für unsere Gegend vielfach die alte Einteilung aus der
rätischen Zeit beibehalten worden. Unser Gebiet hiess in alter Zeit
Churrätien und umfasste das alte Bistum Chur. Der Bischof von Chur
übte lange Zeit das Amt eines Gaugrafen aus. Dieses grosse Churrätien
wurde der besseren Verwaltung wegen wieder geteilt: Ober- und Unter-
rätien, denen jeweils ein Graf vorstand; doch kam es vor, dass der Gau-
graf oder Herzog zugleich auch Graf einer solchen Grafschaft war.
Unterrätien (auch Churwalchengau genannt) umfasste das Gebiet
beidseits des Rheines zwischen der Landquart im Süden, der Klus bei
Götzis (Burg Neuburg) und Hirschensprung (Burg Blatten) im Norden,
Walensee im Westen und Arlberg im Osten. Damit war eine feste
Abgrenzung eines Verwaltungsbezirkes gegeben.
Die beiden Rätien waren stets neben dem Herzogtum Schwaben
Gaugrafschaften nach der Gauverfassung, die sich auf die Lösung der
weltlichen Herrschaft von der kirchlichen durch Karl den Grossen 806
stützte. Der Herzog von Schwaben war auch zugleich Gaugraf über
Unterrätien und damit ım besonderen über die Zent alchal «Imbo-
den», zu der das Gebiet des heutigen Fürstentums Liechensteln gehörte.
Später waren die sog. alten Grafen von Bregenz (-Buchstrein)
Gaugrafen in Unterrätien. Diese starben 1157 aus.
Die Tochter des letzten der alten Grafen von Bregenz, (der letzte
Graf hiess Rudolf, + 1157) heiratete den Pfalzgrafen Hugo von Thürin-
gen und brachte diesem den ganzen Besitz der alten Grafen von Bregenz
ın die Ehe mit ein. Deren Scbn — ebenfalls Hugo - ging als Hugo I. von
Montfort in die Geschichte ein, liess sich um 1180 auf der Schattenburg
in Feldkirch nieder und nannte sich Graf von Montfort nach einer älte-
ren Burg bei oder in der Nähe von Rankweil, das ist der alten Gerichts-
stätte (Mallstätte) des alten Unterrätiens.
Von da an beginnt die Geschichte des herrschenden Grafenge-
schlechtes derer von Montfort - Feldkirch - Werdenberg - Sargans -
Vaduz bis herauf 1416. Die Werdenberger hatten den ganzen deutschen
Hochadel zu Ahnen, woran sich 1416 bis 1507 die Herrschaft der Frei-
herren von Brandis schloss. Nach ihnen erhielten die Grafen von Sulz
1507-1613 die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg und
anschliessend 1613 bis 1699 für Schellenberg und bis 1712 für Vaduz die
Grafen von Hohenems das Grafenamt und die damit verbundenen
Regentschaftsrechte sowie die dem Feudalherren zustehenden Regalien
und Einkünfte (Fronen, Steuern, Feudalgefälle etc.). Das ist ein kaiser-
liches Lehen. Dazu gehörten: Schloss Vaduz, herrschaftliche Lehen (wie
in Triesen der Meierhof), Weinberge, die Hochwälder, auszubeutende
Regalien (Fischerei, Jagd, Gewerbekonzessionen etc.) und bare Ein-
künfte (Zölle, Mauten, Zehentabgaben, Vogelmolken, Steuern etc.).
Nach diesen richtete sich der Wert (Kaufpreis) des Gebietes.
Die Reihe der Grafengeschlechter, die politisch und wirtschaftlich
unser Land mitformten, die selber hier sesshaft wurden, begann mit den
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