Volltext: Geschichte der Gemeinde Triesen

Staats- und Gemeindehaushalt, Steuern, Masse, Geld, Zoll 
den (Schwedenkriege 1647, Franzosenkriege 1798-1805). «Unsere 
Kriegsschuld ist so gross, dass Kind und Kindeskinder daran zu bezahlen 
haben.» (Chronist Helbert) 
Wie schwer es dem einfachen Manne war, auch gegen Sicherstel- 
lung auf Grundeigentum Geld zu entlehnen, wıe wenig solcher Boden 
gewertet wurde, zeigt eine Begebenheit aus dem Jahre 1666, als man in 
Triesen das Pfarrurbar neu anlegte: 
Leonhart Barbier hatte für ein Kapital von 50 Gulden der Pfarr- 
pfründe als Unterpfand gesetzt: sein Haus und Hofstatt zu Triesen in 
der Poska gelegen, ferner ein Stück Gut ım oberen Gartnetsch, einen 
Weinberg und seinen Obst- und Heuwachs an Fatschiels. Dieses Unter- 
ofand wurde als ungenügend erklärt! 
50 fl. kosteten damals 2-3 Kühe oder Stiere! 
Die einzelnen Schuldposten betrugen daher nur Summen zwi- 
schen 50 bis 100, höchstens einmal 200 Gulden. Über ein erhaltenes 
Darlehen wurden weitläufige Schuldbriefe ausgestellt, die verpfändeten 
Grundstücke beschrieben (die Nachbarn = Anstösser genannt). Ein 
Grundbuch bestand erst ab 1809, und erst ab 1812 mussten solche 
Schuldbriefe, die Grundstücke als Pfand verzeichneten, im Grundbuche 
eingetragen werden, andernfalls sie die Gültigkeit verloren. 
Konnte nach Schuldbrief nicht oder nicht rechtzeitig gezinst oder 
rückbezahlt werden, so war der Gläubiger bis 1809 berechtigt, nach 
altem Landsbrauch das Pfand verwerten zu lassen und nachher nach der 
Konkursordnung von 1809 oder der 1812 eingeführten allgemeinen 
österreichischen Gerichtsordnung vom 1. Mai 1781 zu verfahren (so bis 
30. Juni 1972). Der Liechtensteiner, der Geld brauchte, war im Mittelal- 
ter dem Wucher ausgeliefert. Von Ulrich Zwingli (1484-1531) heisst es, 
er habe der Landwirtschaft dadurch geholfen, dass er die damals übli- 
chen Zinssätze von 25 % und mehr pro Jahr auf 5 % herunterschraubte 
und auch den Christen erlaubte, Zinsgeschäfte zu tätigen. (Früher und 
Dis zu den Bankgründungen auf dem Lande waren es die Juden und die 
Geldwechsler, die Geld liehen und vermittelten.) Wir finden daher auch 
Dei uns «proffiziell» in den Schuldscheinen durchwegs 5 % als Jahreszins 
genannt. 
Trotzdem konnte der Wucher blühen. ; 
«Der Wucher blühte vor allem in Notzeiten. In den Jahren der napo- 
leonischen Kriege, als das kleine Fürstentum durch Militäreinquartierun- 
gen, Kriegsbeiträge und Naturallieferungen in tiefste Not geraten war, be- 
gannen viele Gläubiger, ihre Kapitalien in Liechtenstein aufzukündigen. 
Die Schuldner waren meist zahlungsunfähig und mussten sich nach neuem 
Kredit umsehen um ihre Schulden zu begleichen. Geld war aber überhaupt 
nicht oder nur mit Verlusten bis zu 40 % aufzutreiben. So mancher Kredit- 
suchende unterzeichnete einen Schuldbrief von 100 fl., erhielt aber nur 80 
oder 60 fl. ausbezahlt. Viele Leute verloren Haus und Hof und hatten kein 
Vermögen mehr, womit die immer noch verbleibenden Forderungen hätten 
gedeckt werden könen. Vor allem Bündner Geldgeber gaben ihre im Für- 
stentum liegenden Kapitalien mit Rabatten von 16-20 % an Liechtenstei- 
ner ab, die sie ihrerseits sofort aufkündigten und auf diese Weise manche 
Bauern um ihren Hof brachten. Eine höchst zweifelhafte Rolle spielten 
Liechtensteiner, die für auswärtige Geldgeber Zinsen einzogen und dabei 
ihre eigenen Landsleute auf verschiedene Art prellten und ins Elend stürz- 
ten.» (J]BL 1972). Besonders zahlreich sind die Gantakten aus den Jahren 
1789 bis 1803, ın denen viele Familien um alles kamen, Dorfarme wur-
	        

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