Bilder aus Kultur, Leben im Dorf und Volkswirtschaft
Man beklagte sich ferner über erhöhte Taxen und Geldstrafen, über un-
gewohnte Fronen etc.
Kommissär Harprecht stellte sich auf den Standpunkt: Es gebe
keine Landschaft, nur ein Fürstentum, und darin habe niemand zu regie-
ren als der Fürst.
Christoph Harprecht schrieb an Landammann Hieronymus
Tschetter und das Gericht (20. März 1720): «Sollten sie in ihren Ungehor-
sam und Unordnung verbleiben, so versichere er sie, dass sie unter eine
solche Herrschaft geraten seien, welche dergleichen Exzesse durchaus nicht
dulde und sie werde gar bald allerhöchsten Ortes Schutz und Beistand fin-
den. Wenn die bei ihnen seiende Justiz, Henker, Galgen und Rad nicht
genug seien, die Aufrührer und Rädelsführer zu bestrafen, so werden die
jährlich bei ihnen zu Tausenden durchmarschierenden Soldaten hoffentlich
noch stark genug sein, die hauptsächlichsten Rebellen mit sich auf die
Galceren zu führen und das Land nach und nach von diesem Unrat zu säu-
ern!»
Geistlichkeit und Volk hielten zusammen. Durch den Kirchen-
bann waren die Beamten gelähmt. Niemand gab sich zum Diener oder
Handlanger derselben her: Man drohte, jeden vom Gemeindsrecht aus-
zuschliessen, der seinen Arm den Beamten lieh. Man teilte sich in Land
schafts- und Herrschaftsleute; es galt für einen Schimpf, ein
Herrschaftsmann zu sein.
Die Ursache der Unruhen lag nicht beim Volke, sondern bei der
fürstlichen Beamtenschaft, insbesondere Christoph Harprecht. Man
warf ihm vor, er wolle ein neues Landrecht einführen, statt Landschaft
wolle er Leibeigenschaft setzen, für die Gemeinden Amter, für die
Gerichte und Landammänner Dorfammänner etc.
Dr. Franz Josef Harder, Domherr und Pfarrer in Schaan, übergab
«im Namen des gesamten bedrängten Klerus» eine ausführliche, in latei-
nischer Sprache abgefasste Beschwerdeschrift der Kr Mis-
sion» (d. 1. der kaiserlichen Kommission). Der wesent iche Inhalt dersel
ben ist folgender: «Die Quelle des Übels, der Gewalttätigkeiten und kir-
chenräuberischen Handlungen ist der lutherische Kommissär Harprecht,
ein verbannter Württemberger, der mit seinen gleichgesinnten Genossen,
dem Böhmen Alois Brändt dieses un Tückliche vaduzische Land zum
Schauplatz seiner Gewalttätigkeiten erkoren hat. Denn aus allen seinen
öffentlichen Handlungen geht hervor, dass er nach eigener Willkür, nicht
mit Willen und aus Auftrag seines Herrn handelt. ;
Nicht bloss der Novalzehent, sondern auch alle anderen Einkünfte
der Geistlichkeit wurden zurückgehalten. In jeder Gemeinde seien zweı
bewaffnete Männer aufgestellt, als Wache, dass den Geistlichen nichts
zugeführt würde, und Se Lebensstrafe set den fnlein Tem verboten,
ihrem Seelsorger etwas zukommen zu lassen, oder auch nur etwelche
Dienste zu leisten. Man werbe Soldaten und Schweizer, vermutlich um der
Geistlichkeit alles wegzunehmen und das Land gänzlich zu unterdrücken.
Dem Domkapitel zu Chur, das mit dieser Sache gar nichts zu tun habe,
seien die Einkünfte, die es aus dem Österreichischen beziehe, in Vaduz
angehalten und mit Sequester belegt worden. Unter Androhung schwerer
Strafen werde dem Klerus zugemutet, was er predigen solle.»
Der Kaiser entschied, dass vom Novalzehent zwei Drittel dem
Pfarrer und ein Drittel dem Fürsten zukomme. . .
Was das sogenannte Dominikalgut anbetraf, entschied der Kaiser,
nn das, was vor 1699 durch die Gemeinden gekauft war, ihnen verblei-
en solle.
AM A