Bilder aus Kultur, Leben im Dorf und Volkswirtschaft
Wieder war es die ärmliche Bevölkerung, die darunter mehr litt als die
Wohlhabenden. Hungernde und Arme begannen auszuwandern,
damals nach Süddeutschland. Zu Grunde gingen, wie auch heute in
Hungergebieten, vor allem die Kinder. Die wiederholten Hungerjahre
bis 1836 plagten die Dorfbewohner sehr. Wie soll sich hier noch eine
Kultur weiter entwickeln, wenn man täglich gegen den Hunger kämp-
fen und ums Überleben sich abplagen musste?
Ebenso grausam trafen die Hexenprozesse die Dorfbevölkerung.
Ein furchtbares Leben herrschte im Dorfe. Keiner konnte mehr dem
anderen trauen. Die Anzeige der «Brenner» allein genügte für Folter
und Tod (siehe Abschnitt «Hexenprozesse»).
Zu Kriegserlittenheiten, Missjahren, Seuchenzügen und Hexen-
prozessen hinzu musste die Bevölkerung unter den Grafen von Hohen-
ems (16131712) grausam leiden. Durchblättern wir diese Zeit bei KB.
so finden sich für die Not, die diese beim Volke auslösten, so vieles ver
zeichnet, das ein Bild der damaligen Situation zeigt:
Die Hohenemser waren so verarmt, dass 1671 die Landschaft
einen Beitrag von jährlich 1 500 fl. zum Unterhalt der jungen Grafen bei-
steuern musste! 1651 hatte die Landschaft bereits 19000 fl. und später
nochmals 15.000 fl. für den Grafen Hannibal aufgenommen, weiters
noch 5000 fl. verbürgt. Später musste sie in die Reichskriegskasse
bezahlen, weil der Graf das Geld schuldig geblieben war. «Um die Land-
schaft, welche auf Bezahlung drang, zu Defiedigen, wies sie der Graf für
8 700 fl. auf die konfiszierten Güter derjenigen Personen an, welche in den
Jahren 1678 und 1679 wegen Zauberei hingerichtet und verbrannt wur
en!»
Die Landammänner von Vaduz und Schellenbere einfache Män-
ner aus dem Volke, sprachen am 10.1.1684 in Wien eim Kaiser vor
und verklagten den Grafen. Wie gross muss die Not gewesen sein, bis es
zu diesem Verzweiflungsschritte kam!
Unser Land war bi zum 12. Juni 1806 Teil des Deutschen Rei-
ches. Der Oberste Reichsherr war der Kaiser. Ihm unterstand der Lan-
desfürst wie früher der Graf als Inhaber des reichsunmittelbaren Landes
Fürstentum Liechtenstein (früher Grafschaft Vaduz und Herrschaft
Schellenberg). Daher konnten sich unsere Leute mit Beschwerden und
Bitten an den Kaiser wenden. Dieser konnte daher die beiden letzten
Hohenemser Grafen als Regenten absetzen.
Aus diesen Klagen seı nachfolgend hauptsächlich das erwähnt,
was die Gemeinde direkt mitbetraf (in Verwaltung, Vermögen, Über-
nahme von Lasten, Kriegserlittenheiten etc.): N
Im 17. Jahrhundert lagerten mehr als 10 Jahre Truppen Oster
reichs oder seiner Feinde hier ım Lande. Dazu kamen die Durchmärsche
(Spanische Erfolgekriege 17011714, Prättigauerkrieg oder Bündner
Wirren 1620-1624, Schwedeneinfälle im 30jährigen Kriege 1647). Ein-
quartierung und Durchzüge brachten Plünderungen und Requisitionen,
und immer wieder Hunger und Flucht.
Der Mantuanische Durchzug 1629: N
Kaiser Ferdinand II. (1619-1637) und König Philipp IV. von Spa-
nien griffen in den Kampf um das Erbe von Mantua gegen Frankreich
ein. Ihre gewaltige Truppenmacht marschierte unter General von
Merode vom Nordufer des Bodensees her im Sommer 1629 drei Wo-
chen lang den Bündner Pässen und Italien zu und brachte nebenbei in
einer dritten Invasion die Bünde wieder in habsburgische Gewalt.