Bilder aus Kultur, Leben im Dorf und Volkswirtschaft
zitiert. Wer dort nicht erscheine, komme in den Bann, werde bei Krank:
heit nicht mehr versehen und nach dem Tode nicht ordentlich begraben.
so beklagte man sich (nach Bilgeri 25). Eine allgemeine Teuerung ent-
stand: alles forderte höhere Löhne. Die Folge davon war in Vorarlberg:
Die Zahl der Auswanderer stieg an, das Söldnertum bekam Zulauf wıe
nie zuvor. Dazu kam eine allgemeine Geldentwertung. Das alles machte
die Bevölkerung unserer Dörfer ebenfalls mit, so dass es nicht verwun-
derte, wenn man auch hier nach Änderungen rief.
Bei den sogenannten Bauernunruhen bestanden enge Verbindun
gen unserer Leute mit denen in Feldkirch. Denn es waren ın erster Linie
nicht religiöse Gründe für die Erhebung der Bauernschaft, sondern wirt
schaftliche. In Vorarlberg forderten die Leute die Befreiung von dem
verhassten geistlichen Gerichte in Ehesachen, Befreiung vom Rankwei
ler Landgerichte, Heeresverpflichtung nur zur Landesverteidigung,
neue Bussenordnung etc., weiters Reduktion des Zehentgeldes und
Aufhebung der Feudallasten. Das Volk spaltete sich in Radikale und
Gemüässigte. Führer der Radikalen in unserem Gebiet waren Jörg Per
gant aus Balzers und der Vorarlberger Jörg Hartmann, ein Rädelstührer
der Ungehorsamen, am Eschnerberg. In das Schloss Vaduz wurder
1525 zum Schutze desselben österreichische Soldaten verlegt.
Die Grafen von Sulz handelten klug. Sie kamen 1531 in manchen
Punkten den Wünschen des Volkes entgegen. Man beruhigte sich. Es
ging ohne Kampf ab, und unsere Landschaft blieb katholisch, wie auch
Vorarlberg sich wieder in gleicher Weise ordnete, und dies besonders
unter dem Eindruck der furchtbaren Verluste, die die aufrührerischen
Bauern in dieser Zeit in Süd-Deutschland erlitten.
Die Linde
Was dem deutschen Volke der Ebene die Eiche bedeutete, das waı
in unserem Lande in jeder grösseren Ortschaft die Linde. Auf dem Dorf-
platz, dem Zentrum des ÖOberdorfes, nicht weit von der alten Kirche
und Schulers Hofstatt, stand die alte Linde, die 1926 durch eine junge
ersetzt, gehegt und gepflegt wird. Die alte Linde war 1918 um 40 Kro-
nen verkauft, und für 36 Kronen eine neue gesetzt worden, die aber ein:
ging, so dass 1926 wiederum eine neue, die heute dort stehende.
gepflanzt werden musste.
Unter einer Linde in Vaduz fand bis 1809 die Gerichtsgemeinde
(Landsgemeinde) statt, ebenfalls tagte dort das Gericht (Maien- und
Herbstgericht). Im Unterland steht die alte Linde noch heute bei der
neuen Kapelle auf Rofenberg in Eschen. Dort tagte in alter Zeit das
Gericht, während die Landsgemeinde zur Landammannwahl sich später
beim Pfarrhof in Bendern versammelte. J. B. Büchel widmet in seine:
Geschichte der Pfarrei Triesen 1902 der Triesner Dorflinde die folgen-
den Worte:
«Wie in allen grösseren Ortschaften, so stand auch (und sie steht
heutzutage noch) ım Dorfe, auf dem Hauptplatze zu Triesen eine Linde,
Die Linde, die gegen 1000 Jahre alt werden kann und unter ihrem schön
gewölhten, honigduftenden Laubdache so viele Geschlechter vorüber zie-
en sieht, war seit uralter Zeit der Lieblingsbaum des deutschen Volkes.
Unter der Linde fanden die Gerichtstage und die Volksversammlungen
statt, unter ıhr feierte die Gemeinde ihre heiteren Feste und erfreute die
Jugend sich an ihren Spielen.
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