Bilder aus Kultur, Leben im Dorf und Volkswirtschaft
Bevölkerung nur dann etwas, wenn man zugleich den ohnehin schon
bessergestellen Gemeindeangehörigen auch wieder einen Anteil
zuteilte. Mit einem Worte: Die Zahl der «Züger» vermehrte sich sicht-
bar seit dem 17. Jahrhundert infolge der ansteigenden Bevölkerung und
des Verlustes der grossen Fläche zwischen den Rhein-Giessen (Gebiet
um die Wartauer Heuwiesen) zusehends (siehe Abschnitt «Bürgernut-
zen»).
Ritter im Dorf
Um 1400 sind die Rittergeschlechter (Dienstmannen der Grafen
von Montfort-Werdenberg-Sargans-Vaduz) zumeist verschwunden
oder erscheinen in Urkunden nur mehr als Dorfeinwohner, Lehenpäch-
zer, Bauern (z.B. die von Gutenberg, von Bach). Mehr als 200 Jahre
herrschte das montfortische Geschlecht über unsere beiden Landschaf-
ten. Bischof Hartmann IV., der letzte Vertreter dieses Geschlechtes,
hatte noch kurz vor seinem Tode 1416 Vaduz und Schellenberg den aus
dem bernischen Emmental stammenden Freiherren von Brandis ver-
auft.
Die Familie der Montforter war zerstritten. Das Ansehen des
Adels sank. Das Ritter- und Herrenwesen und damit ein Stück Kultur
des Mittelalters ging unter. Der Dienst zu Ross war zu kostspielig. Die
Kämpfe der Deutschen Ritterheere gegen die Eidgenossen hatten
gezeigt, dass diese als kämpfendes Fussvolk die geharnischten Ritter zu
besiegen vermochten. Das Heerwesen änderte sıch. Dazu kamen Erfin-
dung und Anwendung des Schiesspulvers.
Die Landesherren begannen, ihre Macht mit dem Volke zu teilen.
Sie überliessen dem Volke und von diesem gewählten Vertretern
‘Ammännern, Gerichtsleuten) Stück um Stück Rechte und Pflichten,
die sie früher als Hofbesitzer durch ihre Vögte, Dienstmannen und Ver-
walter selbst ausübten. Diese Möglichkeit erhielten die Landesherren
am 22. Juli 1396 mit der Verleihung der Landeshoheit (Reichsunmittel-
sarkeit) durch König Wenzel von Böhmen bestätigt. In der Folge über-
jiessen sie der Volksvertretung das Steuernerheben, die Gerichtsbarkeit,
die Gemeindeverwaltung etc., während «ertragreiche Rechte» (z.B.
Jagd, Fischerei, Zölle, Wegmauten, Geleitrecht, Obereigentum über die
Hochwälder, gewerbliche Lehen wie Mühlen, Wirtschaften und ähnli-
ches) sie sich selbst als Landesherren zur Nutzung vorbehielten, ebenso
Ansprüche auf Fronleistungen und den Zehent.
Mit dieser sich schrittweise über eine lange Zeit hinziehenden und
weiter ausbildenden Veränderung im politischen Leben und im zivilen
Rechtsbereiche änderten sich Kultur, Kulturträger und Lebensweise
nehr oder weniger. Aus unserem Dorfe Triesen verschwand die sicher-
lich etwas anders als bei den Bauern bestehende Lebensweise der Dienst-
nannen und Ritter. Bald gab es keinen Dienst mehr auf Höfen. Die Bau-
ern als Lehenpächter übernahmen die einstigen Höfe (oder besseren
Häuser) der früheren Inhaber und richteten sich dort ein. Nach dem im
Mittelalter bestehenden Familien-Erbrecht fiel eine fällig werdende Erb-
schaft an Immobilien stets an die Familie zurück, so dass sich durch
lange Zeit immer die gleichen Familien im grösseren Besitze erhalten
zonnten.
Wie weit sich das Verschwinden des niederen Adels auf die Le-
bensgewohnheiten der allein verbleibenden Bauern auszuwirken ver-