3ilder aus Kultur, Leben im Dorf und Volkswirtschaft
Das alte Wehrgeldsystem und die damit verbundene Rechts- und
Gerichtsverfassung erlosch und das Lehenwesen durchdrang alle Ver-
hältnisse. So bildete sich das Lehenrecht. Aus dem Hofrecht und alten
Gewohnheiten entstand ein Landrecht für die gemeinen Hintersassen
oder Landsassen, das sich nach den örtlichen Verhältnissen verschieden
gestaltete (Landsbrauch, Gewohnheitsrecht).
Wegen der Überhandnahme des Lehenrechtes erloschen die Gau-
gerichte im alten Sinne; denn die Streitigkeiten über Lehen gehörten vor
die Lehenhöfe. Der Bauernstand kam immer mehr zu Ehren; alle
Schichten der Bevölkerung und alle öffentlichen Verhältnisse waren im
13. Jahrhundert von der Landwirtschaft beherrscht. Grund und Boden
bildeten den eigentlichen Besitz der Herren wie der Bauern. Ganz
esonders waren es die Klöster, die den Ackerbau und den Bauernstand
förderten. In unserer Gegend stand der grösste Teil des Bodens im freien
Besitze von Bauern; den kleineren Teil hatten Lehenleute inne, die zu
bestimmten Abgaben an Naturalien verpflichtet, sonst aber frei waren.
Sie hatten auch den grossen Vorteil, dass sie die Güter, die sie zu Lehen
hatten, nicht mit Schulden belasten konnten, weil sie nicht ıhr Eigentum
waren. Unter solchen Hörigen oder Lehenleuten finden wir nicht selten
die angesehensten Familien. Ging so ein Lehenhof durch Kauf oder Ver-
erbung auf einen anderen Besitz über, dann auch die Leute, die auf dem:
selben sassen, d. h. die von diesen Leuten zu beanspruchenden Leistun-
zen. So war denn eine Familie mit allen ihren Kindern eigen und zuge-
wandt dem Eigentümer ihres Gutes. Sie konnten mit dem Gute verkauft
und verpfändet werden. So verpfändete, wie wir gesehen haben, z.B.
Graf Rudolf von Sargans im Jahre 1322 seine Leute zu Balzers, Mäls und
Eschen und später seine Söhne ihre Leute zu Vaduz und Triesen und alle
Leute, welche in die Steuer gehörten, dem Ulrich von Matsch. Aus dem
Gesagten erklärt es sich leicht, dass von Geschwistern das eine diesem,
das andere einem andern Herrn angehörten, d.h. zu Diensten und
Abgaben verpflichtet sein konnte. Ja, eine und dieselbe Person konnte
halb diesem und halb jenem Herrn angehören, wenn das Lehengut zwei
Besitzer hatte. Kinder aus solchen Törigen Familien gehörten dem
Herrn, dem die-Eltern verpflichtet waren. Daher gehörten die Leute
einer und derselben Ortschaft oft verschiedenen Herren an und hatten
auch die demselben Herren hörigen Leute nicht dieselben Pflichten
zegen ihn. Die einen waren von allen Verpflichtungen frei mit Ausnah-
me der Wehrpflicht gegen feindliche Überfälle; sie hiessen Sonderleute
oder Semperfreie. Andere waren zwar von Steuern frei, aber nicht von
Frondiensten; wieder andere hatten Abgaben, Frondienste und auch
Kriegsdienst zu leisten. Der Lehenzins war in Früchten, Kleidern, Waf-
fen und Geld abzutragen. Heiraten sollten nur unter Leuten gleicher
gesellschaftlicher Stellung geschlossen werden. Hatten die Ehegatten
verschiedene Herren, so wurden die Kinder geteilt, d. h. die einen hatten
diesem, die anderen jenem zu dienen.
Das schwäbische Landrecht sagte: Wenn ein Eigenmann in seines
Herren Dienst in Siechtum kommt und steht ihm der Herr nicht bei,
oder vertreibt er ihn von seinem Haus, und hilft ihm nicht, wo er kann,
so wird der Eigenmann, sobald er gesund wird, frei. Ein Herr, der seinen
eigenen Knecht tot schlägt, soll Gott und der Welt, wenn er ihn ohne
Schuld erschlägt, Ersatz geben. Dadurch, dass man Zins gibt, wird man
nicht eigen. Man soll den Herren darum dienen (d. h. Frondienste tun);
dass uns schirmen; wenn sie aber die Leute nicht schirmen, so sind sıe
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