Grundverkehrsrecht
verwaltung ein einziger Fall dargetan werden, dass ich einem Fremden den
Besitz eines Gutes gestattete® Hab ich nicht bei Balzers, Eschen und Ruggell
dagegen gehandelt, und sogar durch die Gerichte veranlasste Verkäufe ein-
gestellt? Hier müssen sich meine Handlungen rechtfertigen, die noch im
frischen Andenken grünen».
in einem Begleitschreiben an den Fürsten berichtet der gleiche
Landvogt am 2. März 1810, es könne nicht so leicht der Fall eintreten,
dass ein Fremder in den Besitz eines Hauses gelange, weil immer den
Einheimischen der Vorkauf vor den Fremden gestattet worden sel.
Schupplers radikales Eingreifen in das Grundverkehrsrecht muss
aus seinem Bestreben nach einer umfassenden Agrarreform zu Anfang
des 19. Jahrhunderts angesehen werden, wobei er wenig rücksichtsvoll
gegen die den Neuerungen abholden Bevölkerung vorging. Er sah lieber
eine Reihe bäuerlicher Betriebe mit einem die Existenz der Familie
sichernden Grundbesitz - die anderen dürfen arm und besitzlos bleiben,
sie sollen sich gewerblich und als Arbeiter den Lebensunterhalt verdie-
nen, das hiess damals für viele: auswandern! Schuppler verlangte bei der
Grundbucheinführung das Zusammenlegen kleinerer Parzellen (solche
unter 400 Klafter) und räumte dem Anrainer ein Zugrecht ein! Das
wurde von der Bevölkerung nicht angenommen. Besonders wehrten
sich hier Triesen und Balzers, so dass diese Zwangsenteignung - eine
solche wäre es für den kleineren Besitzer geworden - nicht durchgeführt
werden konnte.
Mit fürstl. Verordnung vom 22. Juni 1810 wurde die Freizügig-
keit eingeführt. Niemand konnte mehr daran gehindert werden, in eine
andere Gemeinde zu ziehen, er musste nur ein «Bürgerhaus mit soviel
Vermögen» besitzen, dass er sich ernähren konnte. Den Gemeindenut-
zen konnte man nur in einer einzigen Gemeinde beziehen. Brautein-
kaufstaxe war nur mehr bei Heirat mit einer Auswärtigen zu bezahlen
1974 aufgehoben).
Der Übergang von Grundbesitz stützte sich auf eine Erbordnung
des Grafen Rudolf von Sulz aus dem Jahre 1531, revidiert 1600 und so in
Kraft bis 1808, dann auf eine Übergangslösung bis 1846 und seit dieser
Zeit auf jene nach dem am 18: Februar 1812 eingeführten österr. bürgerl.
Gesetzbuch. Fiel früher die Erbschaft zum grossen Teile an die Ver-
wandten zurück —- auf diese Art konnten sich bestimmte Familien durch
lange Zeit begütert erhalten - setzt das Erbrecht nach 1846 die Nach:
kommen ein, gesteht dem überlebenden Eheteil einen gesetzlichen Erb-
teil von einem Viertel, aber keinen Pflichtteil zu, so geht der Grundbe-
sıtz heute an die Nachkommenschaft über.
Nach dem mittelalterlichen Schuldbetreibungsrecht konnte der
Gläubiger nach kurzer Frist das gepfändete Gut einfach an sich ziehen.
Vor dem Sturz der alten Verfassung regelte ein dem Landsbrauch
beigefügtes «Verzeichnis der Gant» die Schuldbetreibung und den Kon-
gurs. Wer eine Schuld forderte, musste sich an den Weibel wenden, wel:
cher nach einer bestimmten Ordnung den säumigen Schuldner erst
mahnte. Geschah das erfolglos, wurde gepfändet. Der Ablauf der Amts-
nandlungen war an eine genau festgesetzte Reihenfolge und an Termine
gebunden. Zuerst wurde der Hausrat gepfändet: «Kesse, Hafen, Pfannen,
Geschiff und Geschirr, Bet und Bethess, Korn, Salz, Schmalz, Käs,
Wein...» Reichte das zur Deckung der Schuld nicht aus, so nahm der
Weibel das Pfand im Stall. Dann pfändete er den «kigenden Boden»; in
diesem Fall musste der Gläubiger an das Gericht des Landammannes
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