Wirtschaftliche Entwicklung des Dorfes
betrug ca. 90000 Gulden. 1890 wurde der Jahresverdienst der in Liech-
tenstem tätigen Industriearbeiter mit 250 000 fl geschätzt. Vor Ausbruch
des 1. Weltkrieges erreichte die Zahl der Industriearbeiter mit etwa 700
einen ersten Höhepunkt, der erst nach dem Ende des 2. Weltkrieges wie
der erreicht und überschritten wurde.
Diese wenigen Zahlen unterstreichen die Bedeutung der Industrie
für die liechtensteinische Wirtschaft. In den Fabriken fanden viele
Liechtensteiner Arbeit, die sonst keine Verdienstmöglichkeiten gehabt
hätten und zur Auswanderung gezwungen gewesen wären. Der Über-
gang des Fürstentums vom Agrar- zum Industriestaat war die einzige
Möglichkeit, mehr Einwohnern bessere Existenzgrundlagen zu schaf-
en.
Die Industriebetriebe des Landes waren völlig einbezogen in den
Konjunkturverlauf des Zollvertragspartners Österreich. Auch die Ent-
wicklung der schweizerischen Textilindustrie wirkte sich direkt auf die
liechtensteinischen Verhältnisse aus, standen doch die bedeutendsten
Betriebe des Landes als Eigentum schweizerischer Unternehmen ın
enger wirtschaftlicher Bindung mit älteren Mutterbetrieben auf eidge-
nössischem Boden.
Wie in den Nachbarländern war demnach die industrielle Ent-
wicklung in Liechtenstein gekennzeichnet durch eine rapide Aufwärts-
bewegung bis zu Beginn der 70er Jahre, an die sich bis etwa 1890 eine
höchst unruhige wirtschaftliche Periode anschloss. In kurzen Zeitab-
ständen lösten einander Depressionen und wirtschaftlicher Auf-
schwung immer wieder ab. Diesen wechselvollen Jahren folgte seit 1891
bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges eine Periode kontinuierlichen wirt-
schaftlichen Fortschritts, während der sich die Stellung der Industrie in
der Wirtschaft des Landes zusehends verbesserte.
Liechtenstein kam diesen neuen Fabrikbetrieben bereits mit dem
Steuergesetz 1865 entgegen und besteuerte sie in der Folge bedeutend
niedriger wie in Österreich. Das war ein Entgegenkommen, wie es nach
1924 wieder gegenüber fremden sich hier ansiedelndem Kapital erbracht
wurde.
Der eigentliche Beginn der Industrialisierung in Liechtenstein
darf auf das Jahr 1860 verlegt werden. Im Mühleholz entstanden die
ersten Fabriksbetriebe.
In Triesen betrieb Alois Banzer von 1867-1877 eine Färberei und
Maschinenweberei bei HNr. 156 am Dorfbache und von 1868-1874
Franz Risch eine Wollkarterei im Hause Nr. 9 (neben der Sonne an der
Landstrasse, später eine Mühle). Beide Betriebe gingen ein, nachdem
Jenny-Enderlin ihre Weberei eröffneten.
In der Folge waren alle 3 grösseren Fabrikbetriebe des Landes eine
Baumwollweberei oder Baumwollspinnerei (Textilfabriken) und eigent-
che metallverarbeitende Betriebe entstanden erst während des 2. Welt-
rieges.
5 Die Textilindustrie in Triesen ist fast so alt wie die in Vaduz. Am
13. April 1863 erhielten Franz Anton Kirchthaler und Heinrich Dürst
von der Regierung die Bewilligung, in Triesen eine Baumwollweberei zu
errichten. Die beiden Unternehmer waren nicht vom Glück begünstigt.
Am 8. August 1866 brannte ein grosser Teil des Fabrikgebäudes nieder,
Maschinen und Vorräte wurden vernichtet. Die Firmainhaber versuch-
ten zwar, ihre Weberei wieder aufzubauen, mussten aber im August
1868 endgültig aufgeben.
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