Wirtschaftliche Entwicklung des Dorfes
Binnengewässern eine bessere Mündung in den Rhein zu verschaffen:
demnach kam es immer wieder zu Rückstauungen, die grosse Talflächen
monatelang in einen See verwandelten und versumpften, bis 1943 der
Binnenkanal fertig gestellt war.
Gerade diese Tallagen wurden nun aber dringend für die landwirt-
schaftliche Produktion benötigt, war doch die Bevölkerung seit Ende
des 18, Jahrhunderts rasch angestiegen. 1789 zählte das Land 4228 Ein-
wohner, 1815 bereits 6117. Dieses starke Wachstum führte dazu, dass
das Land nicht mehr alle seine Bewohner ernähren konnte. Seit Beginn
des 19. Jahrhunderts hatte daher die saisonmässige Auswanderung
zugenommen. Einzelne Familien verliessen ihre Heimat gar für immer.
Der liechtensteinische Bauer lebte noch in einer sozialen und wirtschaft-
lichen Ordnung, die in ihren Wurzeln ins Mittelalter zurückreichte. Der
Herrschaftsgedanke prägte das menschliche Zusammenleben und reali-
sierte sich in den Formen von Grund-, Haus-, Schutz-, Gerichts-, Leib-,
Landesherrschaft u.a. Die Grundherrschaft bestimmte wesentlich die
Agrarverfassung. Sie beruhte auf dem Herreneigentum an Land und
bedeutete in wirtschaftlicher Hinsicht, dass das grundherrliche Land,
aber auch Mühlen, Tavernen und andere gewerbliche Betriebe zur
Bewirtschaftung verliehen wurden. Als Gegenleistung erhielt der
Grundherr vom Lehensnehmer einen Anteil am Ertrag ın Form von
Abgaben oder auch verschiedene Dienstleistungen (Fronen). Eine
grosse Zahl von Abgaben und Fronen resultierte auch aus den anderen
Arten von Herrschaft. Wenn einzelne Abgaben auch lächerlich gering
und manche Frondienste für den Fronherrn unrentabel waren, so ver-
schlangen sie in ihrer Gesamtheit doch einen grossen Teil des Güterer-
trages und der Arbeitszeit der Bauern.
Der Fürst war Landes-, Gerichts- und Grundherr in einer Person.
Weitere Grundherren waren das Erzhaus Österreich und einige Klöster.
Der grundherrliche Bodenbesitz hatte flächenmässig lediglich einen
Anteil von sechs Prozent am landwirtschaftlichen Nutzland. Wertmäs-
sıg war der Anteil.des grundherrlichen Bodens bedeutend grösser, da er
nur altes Kulturland in den geschützten Hanglagen umfasste, während
die minderwertigen, teilweise versumpften Böden in der Talebene fast
ausschliesslich den Gemeinden gehörten. Der grundherrliche Boden
war grösstenteils an Bauern verliehen.
Neben dem Herrschaftsgedanken war der uralte Genossen-
schaftsgedanke immer lebendig geblieben. Die grossen Markgenossen-
schaften, die mehrere Dörfer mit ihren Fluren, Weiden und Wäldern
umfasst hatten, waren allerdings bereits aufgelöst und die meisten
gemeinsamen Güter unter die einzelnen Dörfer, die sogenannten Nach-
barschaften, aufgeteilt worden. Da und dort war die Güteraufteilung
noch nicht ganz abgeschlossen, heftige und langwierige Streitigkeiten
zwischen den Nachbarschaften dauerten of lange an. Die genossen-
schaftliche Ordnung lebte weiter in den Nachbarschaften, deren Eigen-
ständigkeit seit längerer Zeit stetig gewachsen war. Zu den alten Auf-
gaben (Regelung der Benützung Se gemeinsamen Besitzes, der Vieh-
weiden, Wälder und Alpen, Anlage und Unterhalt von Wegen, Dorf-
strassen und Brücken, Wasserversorgung, Flurwachdienste etc.) waren
neue gekommen. Durch die Auflösung der beiden Gerichtsgemeinden
Vaduz und Schellenberg waren die Nachbarschaften in die neue recht-
liche Stellung der politischen Gemeinden gelangt mit eigener, unmittel-
bar der fürstlichen Obrigkeit unterstellter Verwaltung.